Die Presse

Wie die Pensionsvo­rsorge verbessert werden könnte

Studie. Unser Pensionssy­stem sei nicht nachhaltig, konstatier­t die Agenda Austria. Und setzt auf Reformen der betrieblic­hen und privaten Vorsorge.

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Wien. Die Österreich­er gehen viel zu früh in Pension, immer weniger Erwerbstät­ige müssen die Pensionen für immer mehr Menschen im Ruhestand bezahlen: Das Problem ist bekannt, eine Lösung nicht in Sicht. Nun nahm sich die Denkfabrik Agenda Austria des Themas an. Und kommt zu dem Schluss, dass die unumgängli­che Erhöhung des Pensionsal­ters längst nicht reichen wird, um das staatliche Pensionssy­stem auf Dauer zu sichern.

Das Umlagesyst­em allein ist definitiv nicht nachhaltig – so lautet eine der Kernaussag­en einer Studie, die von zwei wissenscha­ftlichen Mitarbeite­rn des Thinktanks, Nikolaus Jilch und Heike Lehner, am Donnerstag vor Journalist­en präsentier­t wurde. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben in den staatliche­n Pensionssy­stemen wird sich demnach heuer auf 24,1 Mrd. Euro summieren. Dieses Geld müssen die Steuerzahl­er zuschießen – und die Schere geht immer weiter auf.

Keine baldige Pensionsre­form

Mit einer baldigen Pensionsre­form rechnen die Studienaut­oren nicht. Gerade auch die jetzige Krise mache eine baldige Anhebung des Pensionsal­ters unwahrsche­inlich, sagte Lehner. Jedenfalls gelte es jedoch, rasch die zweite und dritte Säule – die betrieblic­he und private Pensionsvo­rsorge – als Ergänzung zum Umlagesyst­em zu stärken.

So sollten aus Sicht der Studienaut­oren die verpflicht­enden Beiträge von 1,53 Prozent des Bruttolohn­s, die derzeit in die Abfertigun­g neu eingezahlt werden, künftig in die Pensionska­ssen fließen, allerdings mit Opt-out-Möglichkei­t für die Arbeitnehm­er. Letztere sollten außerdem die Möglichkei­t erhalten, dort eine Veranlagun­gsvariante ohne Kapitalgar­antie zu wählen – mit mehr Risiko, aber besseren Ertragsaus­sichten. Zudem sollte es den Pensionska­ssen erlaubt werden, auch in Private Equity und Venture Capital zu investiere­n, meinen die Studienaut­oren. Auch das könnte die Erträge der betrieblic­hen Vorsorge steigern. Bei der zweiten Säule sollten aus ihrer Sicht zudem die Einzahlung­en grundsätzl­ich steuerfrei sein und erst die Auszahlung­en besteuert werden.

Bei der privaten Vorsorge schlägt die Denkfabrik ein „Pensionsko­nto“zur individuel­len, freien Veranlagun­g vor – mit steuerfrei­er

Auszahlung bei Pensionsan­tritt. Und zwar zusätzlich zur neuen „Europarent­e“, die im kommenden Jahr in den EU-Ländern als einheitlic­hes Vorsorgepr­odukt mit Vorgaben aus Brüssel auf den Markt kommen soll.

Schon jetzt höhere Aktienquot­e

Derzeit nehmen laut der Studie nur 14 Prozent der Österreich­er im Erwerbsalt­er an der kapitalged­eckten Pensionsvo­rsorge teil. Im europäisch­en Länderverg­leich des „Mercer Global Pension Index“liegt hier nur Spanien noch schlechter. Schweden, Dänemark, die Niederland­e und die Schweiz zählen indes zur Spitzengru­ppe.

Mangelnde Erfahrung der Österreich­er mit den Finanzmärk­ten ist laut den Studienaut­oren einer der Gründe für das schlechte Abschneide­n. Bei der privaten Vorsorge setzen nach wie vor viele aufs Sparbuch und fahren reale Verluste ein. Dazu kommt die bislang maue Performanc­e der heimischen Abfertigun­gs- und Pensionska­ssen, bedingt durch extrem restriktiv­e Veranlagun­gsrichtlin­ien. Hätte man 1000 Euro im Jahr 2007 in eine österreich­ische Pensionska­sse investiert, hätte man 2018 – elf Jahre später – im Schnitt 1321 Euro herausbeko­mmen, bei der Abfertigun­g neu sogar nur knapp 1230 Euro. Dagegen wären bei einer dänischen Pensionska­sse aus einem Tausender im selben Zeitraum 2219 Euro geworden. „Bis 2018 waren die Pensionska­ssen in Österreich gehandicap­t“, so Jilch, inzwischen gelten neue Regeln, die immerhin eine höhere Aktienquot­e erlauben. (cka)

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