Commerzialbank: Prüfern droht die Pleite
Bankenskandal. Haben die Abschlussprüfer der Commerzialbank Mattersburg vorsätzlich gehandelt, ist die Insolvenz kaum abwendbar.
Wien. Kriminalfälle wie die Commerzialbank Mattersburg passieren. Betrug kann nie gänzlich ausgeschlossen werden. Das heißt aber nicht, dass er nicht gestoppt werden kann, bevor er die finanzielle Existenzen vieler Menschen gefährdet. Vor allem wenn die Bank seit Beginn der Manipulationen vor 30 Jahren zumindest ein Mal im Jahr geprüft wurde.
Wenn man von den bankinternen Kontrollen – Interne Revision und Aufsichtsrat – wegen ihres Naheverhältnisses zu Commerzialbank-Chef Martin Pucher absieht, trägt die nächste, erste externe Kontrollinstanz einen wesentlichen Teil der Verantwortung, die Bilanzfälschungen nicht entdeckt zu haben. Im Fall der Commerzialbank ist das die Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA.
Der bis dato schwerwiegendste öffentlich bekannte Vorwurf: Sie hätte die Saldenbestätigungen der anderen Banken nicht selbst überprüft, sondern sich auf die (falschen) Angaben der Commerzialbank verlassen. Seit Ende Juli findet bei der TPA eine Sonderprüfung durch die Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) statt. Sollte sich herausstellen, dass die Kanzlei die Fehler bei ihren Testaten vorsätzlich begangen hat, könnte das zur Insolvenz führen. Denn dann wäre die Haftungsobergrenze hinfällig und die Versicherung könnte sich schadlos halten. In Anbetracht der Schadenssumme von rund 705 Millionen Euro würde das wohl die Pleite der Kanzlei bedeuten – selbst wenn sie nur für einen kleinen Teil davon aufkommen müsste.
Klage gegen Prüfer eingereicht
Zur Erklärung: Abschlussprüfer sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Prüfhandlungen zu versichern. Die Schäden sind mit vier Millionen Euro pro Jahr gedeckelt und können bis zu fünf Jahre lang geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass die Versicherung der TPA maximal 20 Millionen Euro zahlen müsste, wenn nachgewiesen wird, dass ihr Kunde in den vergangenen Jahren Fehler begangen hat – aber dabei eben nicht vorsätzlich gehandelt hat. Grundsätzlich zu unterscheiden ist auch innerhalb der Wirtschaftsprüfer zwischen Abschlussprüfern, die jährlich die Bilanz eines Unternehmens testieren und Bankenprüfern, die auf Basis dieser Abschlussprüfung bankspezifische Vorgaben kontrollieren. In der Regel wird aber derselbe Wirtschaftsprüfer mit beiden Aufgaben betraut – so auch im Fall der Commerzialbank die TPA.
Der Masseverwalter der Commerzialbank, die Kanzlei Kosch & Partner, hat bereits Mitte September eine Schadenersatzklage gegen die TPA eingebracht, um die Summe im Topf zu erhöhen, aus dem die Gläubiger entschädigt werden. Der zuständige Masseverwalter, Michael Lentsch, hat keine Zweifel: „Es ist anhand der Aktenlage schon jetzt völlig klar und offensichtlich, dass TPA die Prüfungen nicht mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt hat.“Die TPA hat dazu beigetragen, dass der Schaden so hoch ausgefallen ist, so Lentsch.
Es ist übrigens bereits absehbar, dass von den Geschädigten nur die Einlagensicherung einen Teil des Geldes zurückbekommen wird, weil sie gesetzlich bevorzugt ist. Die übrigen Gläubiger müssen auf eine erfolgreiche Amtshaftungsklage, und damit eine Verfehlung der Bankenaufsicht, hoffen.
Staatsanwaltschaft müsste ran
Die derzeit stattfindende Sonderprüfung wird also über das künftige Schicksal der TPA entscheiden. Offizielle Erkenntnisse gibt es noch keine, aber nach „Presse“-Recherchen wurde mehr als nur nachlässig geprüft. Ob das indes vorsätzlich passiert ist, wird diese Prüfung nicht klären können: „Wir können nur die sachlichen Mängel in der Durchführung der Prüfung untersuchen. Sobald wir etwas feststellen, das an grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz grenzt, sind wir verpflichtet, es der Staatsanwaltschaft weiterzuleiten“, sagt Peter Hofbauer, Vorstand der prüfenden APAB. Die Tatsache, dass nicht ordentlich geprüft wurde, könne sein Team zwar beurteilen, aber wieso nicht ordentlich geprüft worden wäre, sei Sache der Wirtschaftskorruptionsstaatsanwaltschaft, so Hofbauer.
Die Prüfung sollte bereits abgeschlossen sein, verzögere sich aber bis Ende Dezember, da sie umfangreicher als erwartet sei, sagt Hofbauer. Die Ergebnisse bekommt übrigens nur die TPA – wenn es keinen Vorsatz gab.