Borealis-Kauf ist ein „fairer Deal“
Energie. OMV-Chef Rainer Seele verteidigt den umstrittenen Zukauf des Chemieriesen Borealis. Umsatz und Gewinn beim Mineralölkonzern brechen auch im dritten Quartal kräftig ein.
Wien. Die OMV ist nicht länger ein Öl- und Gaskonzern. Mit gestern ist das teilstaatliche Unternehmen auch zum Chemie- und Kunststoffriesen geworden. Wie das Unternehmen am Donnerstagmorgen bekannt gab, ist die Aufstockung auf 75 Prozent der Anteile an der Borealis endgültig über die Bühne. Die Übernahme von weiteren 39 Prozent vom Miteigentümer Mubadala war zuletzt medial ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die OMV zahle mit 4,2 Milliarden Euro zu viel, hieß es mit Verweis auf Insider. Am Donnerstag holte OMVChef Rainer Seele zum Gegenschlag aus.
Borealis passe „strategisch fantastisch zur OMV“, die sich damit am Weg zum „führenden Spieler in der Kreislaufwirtschaft“sieht. Mit diesem Deal werde das EnergieUnternehmen um ein Drittel größer und mutiere zu einem weltweiten Chemieriesen, der auch in einer CO2-ärmeren Welt noch eine Zukunft habe. Zur Untermauerung seiner Brandrede für die Borealis brachte Seele auch ein paar Zahlen mit: Zunächst muss die OMV für die Anteile weniger bar auf den Tisch legen als gedacht. Von 4,2 Milliarden Euro Kaufpreis fließen nur 3,8 Milliarden. Der Rest wird durch Währungsgewinne, Borealis-Dividenden und dem aktuell etwas höheren Cashbestand des Chemieriesen gedeckt.
„Alle Zahlen auf dem Tisch“
„Ich will nicht kommentieren, ob jemand den Wert dieses Unternehmens besser beurteilen kann als wir“, sagte Seele. Aber die OMV habe die Borealis immerhin gegründet, kenne alle Businesspläne im Detail und sei seit mittlerweile zwei Jahrzehnten zufriedener Teilhaber. In den vergangenen Jahren hat Borealis über stabile Dividenden und gute Gewinne tatsächlich stark zum Ergebnis der OMV beigetragen. Und auch in den ersten neun Monaten des Corona-Jahres 2020 hielt sich das Unternehmen vergleichsweise gut. Trotz der globalen Wirtschaftskrise konnte Borealis einen Cashflow von 1,1 Milliarden Euro erzielen. Das sind immerhin sechs Prozent mehr als im Zeitraum des Vorjahres. Zum Vergleich: Der Cashflow der OMV brach während der ersten drei Quartale um ein Fünftel auf 2,5 Milliarden Euro ein. Auch die erwarteten Synergieeffekte durch die Übernahme besserte der Vorstand von den bisher erwarteten 700 auf 800 Millionen Euro auf. „Jetzt liegen alle Zahlen auf dem Tisch“, so Seele. „Es ist ein fairer Deal.“
Abgesehen von der geglückten Übernahme hatte die OMV in den ersten neun Monaten des Jahres nur wenig Grund zur Freude. Der Ölpreis rutschte im Schnitt um 36 Prozent nach unten, der Gaspreis gar um 42 Prozent.
Umsatz- und Gewinneinbruch
Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen des Konzerns wider. Umsatz und Gewinn brachen auch im dritten Quartal kräftig ein. Vor allem das Upstream-Geschäft, die Suche und Förderung von Öl und Gas, leidet unter den niedrigen Preisen und der sinkenden Nachfrage und schrieb rote Zahlen. Der Umsatz schrumpfte gegenüber dem Vorjahresquartal um 38 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Wertminderungen aufgrund des niedrigeren Ölpreises von knapp 600 Mio. Euro belasten das Nettoergebnis zusätzlich.
Das operative Ergebnis drehte auf 607 Millionen Euro ins Minus. Der um Lagereffekte bereinigte Betriebsgewinn (CCS Ebit) sank im dritten Quartal um 67 Prozent auf 317 Millionen Euro, war damit aber schon wieder doppelt so hoch wie im zweiten Quartal. Unter dem Strich brach der Gewinn ( CCS Überschuss) um 83 Prozent auf 80 Millionen Euro ein. Analysten hatten allerdings mit noch höheren operativen Einbußen gerechnet.