Der langjährige türkische Premier Mesut Yilmaz ist tot
Nachruf. Chef der Mutterlandspartei prägte Türkei der 1990er-Jahre.
Wien/Istanbul. Er hat viele Jahre lang der türkischen Politik seinen Stempel aufgedrückt. Nun ist Mesut Yilmaz im Alter von 72 Jahren in einem Krankenhaus in Istanbul gestorben. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Er sei dort wegen einer Krebserkrankung behandelt worden, an der er seit zwei Jahren gelitten hatte.
Yilmaz hatte seine politische Karriere in der Mitte-rechts stehenden Mutterlandspartei begonnen. Die Partei versuchte, unter anderem wirtschaftsliberale Ideen mit islamischen Traditionen zu verbinden. Yilmaz war von 1987 bis 1990 Außenminister der Türkei. 1991 wurde er Chef der Mutterlandspartei und – zunächst für kurze Zeit – Ministerpräsident. Nach einigen Jahren in der Opposition übernahm er 1996 erneut den Posten des Regierungschefs. Doch auch diese Amtszeit währte nicht lang. Nach einer Regierungskrise wurde der Chef der islamisch-konservativen Wohlfahrtspartei Necmettin Erbakan Ministerpräsident. Doch das Militär sorgte dafür, dass Erbakan ein Jahr später wieder zurücktreten musste, und Yilmaz wurde erneut Regierungschef.
Später soll Yilmaz gesagt haben, dass er Männer wie Erbakans geistigen Ziehsohn Recep Tayyip Erdogan˘ unterschätzt habe. Yilmaz konnte sich nicht vorstellen, dass Erdogan,˘ der nicht aus der türkischen Wirtschafts- und Bildungselite stammte, langfristig politisch an der Macht bliebe.
Absolvent des St.-Georgs-Kolleg
Yilmaz sprach fließend Deutsch. Er hatte das österreichische St.-Georgs-Kolleg in Istanbul absolviert und später in Köln Volkswirtschaftslehre studiert. Danach investierte er – noch vor Beginn seiner politischen Karriere – in die Textilbranche der Türkei.
Präsident Erdogan˘ würdigte den verstorbenen Yilmaz am Freitag als wichtigen Staatsmann. Am Sonntag soll der frühere Ministerpräsident der Türkei beigesetzt werden. (red., ag.)