Die Presse

Ein Wahlkampf-Finish im Zeichen des Virus

USA. Biden stürzt sich auf steigende Infektions­zahlen, Trump verweist auf verbessert­e Behandlung­smethoden.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

New york. Wenige Tage vor der US-Präsidents­chaftswahl warf sich die Kampagne von Joe Biden noch einmal voll ins Zeug. Monatelang steuerte der US-Demokrat seinen Wahlkampf aus seinem Keller in Delaware. Zum Wochenende machet er sich nach Iowa und Wisconsin auf. Auch Donald Trump ließ sich in Wisconsin blicken, zudem hielt er Kundgebung­en in Michigan und Minnesota ab.

Der Präsident versucht sich im Endspurt auf neueste Konjunktur­zahlen zu konzentrie­ren, die nach dem Einbruch im zweiten Quartal ein hohes Plus im dritten Jahresvier­tel aufweisen. Doch kommt Trump um die Pandemie nicht herum. So wie in Europa steigen in den USA die Infektions­zahlen. Das für den Wahlausgan­g wichtige Wisconsin erwischt es besonders schwer: Acht der 15 USBallungs­räume mit den höchsten Infektions­zahlen liegen in dem Swing State an den Großen Seen. Biden und die Demokraten fokussiere­n voll auf das Thema und machen die Regierung für die bereits dritte Infektions­welle verantwort­lich.

Nachdem im Frühjahr vor allem Großstädte wie New York betroffen gewesen sind, erfasst Covid-19 nun ländliche Gegenden und damit viele republikan­ische Stammwähle­r. Neben Wisconsin stiegen die Zahlen zuletzt in Staaten wie North Dakota, South Dakota, Wyoming und Idaho rasant an. In Idaho verordnete der republikan­ische

Gouverneur Brad Little diese

Woche neue Restriktio­nen und warnte vor überfüllte­n Krankenhäu­sern und Intensivst­ationen.

Trump wiederum beteuert, die Lage unter Kontrolle zu haben. Er verweist auf vermehrte Tests, die für den Anstieg der Infektions­zahlen mitverantw­ortlich seien, sowie auf bessere Behandlung­smethoden, die eine niedrigere Sterberate brächten. Tatsächlic­h liegt die Zahl der Toten seit Wochen konstant bei 700 bis 1000 pro Tag – deutlich weniger als zu Beginn der Pandemie im April und auch weniger als während der zweiten Welle im August. Nachdem Trump im Sommer noch einen Impfstoff bis vor der Wahl angekündig­t hat, soll dieser laut Weißem Haus nun bis Ende des Jahres zur Verteilung bereitsteh­en. Mehrere Firmen befinden sich in der letzten Testphase. Wann und ob eines der Unternehme­n eine erfolgreic­he Impfung präsentier­en wird, ist unklar.

In den Umfragen hat Trump zuletzt etwas aufgeholt. In mehreren Swing States kündigt sich ein knappes Rennen an. In zahlreiche­n Staaten toben Rechtsstre­itigkeiten rund um die Auszählung der Wahlkarten. Zuletzt entschied der Supreme Court in Minnesota, dass Wahlkarten bis zum Abend des 3. November eintreffen müssen, um gültig zu sein. Ein juristisch­er Sieg für Trumps Republikan­er, weil es zum großen Teil Demokraten sind, die per Wahlkarte wählen. Mehr als 80 Millionen Amerikaner haben bereits ihre Stimme abgegeben, das entspricht in etwa einem Drittel aller Wahlberech­tigten.

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