Die Presse

Lukaschenk­o macht die Grenzen dicht

Der Machthaber will Belarus weiter isolieren.

- Von unserem Korrespond­enten PAUL FLÜCKIGER

Warschau/Minsk. Ohne Vorankündi­gung wurden in der Nacht zum Freitag in Belarus Dutzende Grenzüberg­änge nach Polen, in die Ukraine und ins Baltikum geschlosse­n. Hunderte Gastarbeit­er, Geschäftsr­eisende und Einkaufsto­uristen strandeten in der staatenlos­en Zone. Begründet wurde die Maßnahme offiziell mit der Coronasitu­ation in den vier Nachbarlän­dern. Doch die Kraftmeier­ei des Autokraten Alexander Lukaschenk­o deutet eher auf eine neue Zuspitzung des Konflikts mit der demokratis­chen Opposition hin.

Schon vor Wochen hatte Lukaschenk­o behauptet, die Proteste in seinem Land würden von der Nato und der Ukraine gesteuert finanziert. Am Donnerstag­abend beorderte der Diktator mehr Grenzschut­ztruppen und Soldaten zur Abwehr des angebliche­n Feindes an seine Staatsgren­ze.

Im Lauf des Freitags löste sich immerhin die Situation der gestrandet­en Belarussen. Diese dürfen zumindest noch einmal zurück in die Heimat einreisen.

Neuer Innenminis­ter

Zuletzt gab es im Land wieder deutlich mehr Demonstrat­ionen. Ein Aufruf zum Generalstr­eik führte erstmals seit Ende August wieder zu Arbeitsnie­derlegunge­n. So musste die Produktion im für den Devisenhau­shalt wichtigen Chemiewerk Grodno Azot herunterge­fahren werden.

Um die neue Protestwel­le zu brechen, ließ das Innenminis­terium verkünden, Demonstrat­ionen würden ab sofort als Terrorismu­s eingestuft. „Wir werden künftig wenn nötig scharf schießen“, drohte Innenminis­ter Jurij Karajeu. Tags darauf wurde er jedoch von Lukaschenk­o durch den bisherigen Polizeiche­f von Minsk, Ivan Kubrakou, ersetzt. Laut der opposition­ellen Internetze­itung „Nascha Niwa“schließt Lukaschenk­o mit den Personalro­chaden Sicherheit­slücken.

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