Krise ließ Hotelpreise purzeln
Tourismus. Die Pandemie hat den internationalen Reiseverkehr durcheinandergewirbelt. In Amsterdam konnte man um den halben Preis nächtigen, auch in Wien wurde es billiger.
Wien. Fluglinien, die ihre Maschinen einmotten, und Hotels, die ihre Pforten schließen. Eine zweite Welle an Coronaneuinfektionen und flächendeckende Beschränkungen, wie sie gerade mehrere Staaten beschlossen haben, waren zwar auch schon vor einigen Monaten nicht ganz abwegig. So richtig glauben wollte aber niemand daran. Nun, da sich die Lage dramatisch zugespitzt hat, wurden die Verschärfungen schnell Realität. Für die Tourismusbranche ist das doppelt bitter, sie liegt ohnehin schon am Boden.
Wie Zahlen der Welttourismusorganisation (Unwto) zeigen, fielen die globalen Ankünfte in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 70 Prozent. Allein im Juli kam es zu einem Minus von 81 Prozent, im August sah die Lage kaum besser aus. Ein Desaster – handelt es sich doch um die zwei geschäftigsten Urlaubsmonate des Jahres. Bis Ende August litt die Region Asien/Pazifik (minus 79 Prozent) am stärksten, gefolgt von Afrika, dem Nahen Osten (beide minus 69), Europa (minus 68) und Nord-/Südamerika.
„Der beispiellose Rückgang hat dramatische soziale und wirtschaftliche Folgen und gefährdet Millionen von Arbeitsplätzen und Unternehmen“, warnt Unwto-Generalsekretär Surab Pololikashvili. „Es unterstreicht die dringende Notwendigkeit, den Tourismus sicher, rechtzeitig und koordiniert wieder aufzunehmen.“Noch scheint das Zukunftsmusik. Denn die oberste Priorität vieler Regierungen lautet, die Zahl der Neuinfektionen in den Griff zu bekommen.
Wenige Städte mit Preisanstieg
Die starken Rückgänge im internationalen Reiseverkehr spiegelten sich auch in den Preisen wider, die Touristen zahlen mussten bzw. die Hotels überhaupt anbieten konnten. Wie ein Hotelpreisindex des Veranstalters Dertour zeigt, gingen die Kosten für eine Übernachtung im internationalen Schnitt um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Am härtesten traf es heuer Amsterdam. In der niederländischen Hauptstadt betrug der Preisunterschied zum Vorjahr minus 51 Prozent. In San Francisco verringerte sich das Preisniveau um 39 Prozent, Rückgänge um über ein Drittel hatten auch Vancouver, Bangkok und Phuket zu verzeichnen. In Wien betrug das Minus rund zehn Prozent.
Die Preise basieren laut Dertour auf einer im August durchgeführten Suche für einen Aufenthalt Ende September.
Lediglich in sechs von 75 untersuchten Städten konnten Hoteliers mehr für ihre Zimmer verlangen. Das war etwa in Marrakesch, Abu Dhabi, Dresden und drei weiteren deutschen Städten der Fall.
Auch in Österreich zogen die Preise in den offiziellen Statistiken an. „Ein großes Rätsel“, wie Wifo-Experte Oliver Fritz betont. Er zeigt sich skeptisch, ob die Daten so stimmen bzw. ob sie richtig erhoben wurden. Dass ein Hotel an einem Kärntner See im vergleichsweise gut gebuchten Sommer mehr verlangen konnte, sei realistisch, so Fritz. Doch ein Plus für ganz Österreich, daran glaubt er nicht.
In Wien war es beispielsweise erheblich günstiger, eine Unterkunft zu buchen. Das zeigen Zahlen des Anbieters STR, der der Österreichischen Hoteliervereinigung Daten liefert. Demnach wurden in der Bundeshauptstadt allein im dritten Quartal Zimmer um rund 19 Prozent günstiger angeboten. Der Durchschnittszimmerpreis machte nur noch 85 Euro statt wie im Vorjahr knapp über 100 Euro aus. Städte wie Linz, Innsbruck und Graz konnten sich etwas besser halten. Das hängt nicht nur mit der Abhängigkeit Wiens von internationalen Gästen zusammen, sondern liegt mitunter auch daran, dass Landeshauptstädte als Ausgangspunkt für Reisen ins Umland genutzt wurden.
Zwischen Mai und September gab es hierzulande knapp 50 Mio. Nächtigungen, ein Minus von 30 Prozent. Wifo-Experte Fritz schätzt, dass sich der Rückgang im Gesamtjahr auf 35 Prozent belaufen wird. Für die Wintersaison schaut es noch schlechter aus. Da lautet die Prognose: minus 50 Prozent.