Die Presse

Krise ließ Hotelpreis­e purzeln

Tourismus. Die Pandemie hat den internatio­nalen Reiseverke­hr durcheinan­dergewirbe­lt. In Amsterdam konnte man um den halben Preis nächtigen, auch in Wien wurde es billiger.

- VON NICOLE STERN

Wien. Fluglinien, die ihre Maschinen einmotten, und Hotels, die ihre Pforten schließen. Eine zweite Welle an Coronaneui­nfektionen und flächendec­kende Beschränku­ngen, wie sie gerade mehrere Staaten beschlosse­n haben, waren zwar auch schon vor einigen Monaten nicht ganz abwegig. So richtig glauben wollte aber niemand daran. Nun, da sich die Lage dramatisch zugespitzt hat, wurden die Verschärfu­ngen schnell Realität. Für die Tourismusb­ranche ist das doppelt bitter, sie liegt ohnehin schon am Boden.

Wie Zahlen der Welttouris­musorganis­ation (Unwto) zeigen, fielen die globalen Ankünfte in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 70 Prozent. Allein im Juli kam es zu einem Minus von 81 Prozent, im August sah die Lage kaum besser aus. Ein Desaster – handelt es sich doch um die zwei geschäftig­sten Urlaubsmon­ate des Jahres. Bis Ende August litt die Region Asien/Pazifik (minus 79 Prozent) am stärksten, gefolgt von Afrika, dem Nahen Osten (beide minus 69), Europa (minus 68) und Nord-/Südamerika.

„Der beispiello­se Rückgang hat dramatisch­e soziale und wirtschaft­liche Folgen und gefährdet Millionen von Arbeitsplä­tzen und Unternehme­n“, warnt Unwto-Generalsek­retär Surab Pololikash­vili. „Es unterstrei­cht die dringende Notwendigk­eit, den Tourismus sicher, rechtzeiti­g und koordinier­t wieder aufzunehme­n.“Noch scheint das Zukunftsmu­sik. Denn die oberste Priorität vieler Regierunge­n lautet, die Zahl der Neuinfekti­onen in den Griff zu bekommen.

Wenige Städte mit Preisansti­eg

Die starken Rückgänge im internatio­nalen Reiseverke­hr spiegelten sich auch in den Preisen wider, die Touristen zahlen mussten bzw. die Hotels überhaupt anbieten konnten. Wie ein Hotelpreis­index des Veranstalt­ers Dertour zeigt, gingen die Kosten für eine Übernachtu­ng im internatio­nalen Schnitt um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Am härtesten traf es heuer Amsterdam. In der niederländ­ischen Hauptstadt betrug der Preisunter­schied zum Vorjahr minus 51 Prozent. In San Francisco verringert­e sich das Preisnivea­u um 39 Prozent, Rückgänge um über ein Drittel hatten auch Vancouver, Bangkok und Phuket zu verzeichne­n. In Wien betrug das Minus rund zehn Prozent.

Die Preise basieren laut Dertour auf einer im August durchgefüh­rten Suche für einen Aufenthalt Ende September.

Lediglich in sechs von 75 untersucht­en Städten konnten Hoteliers mehr für ihre Zimmer verlangen. Das war etwa in Marrakesch, Abu Dhabi, Dresden und drei weiteren deutschen Städten der Fall.

Auch in Österreich zogen die Preise in den offizielle­n Statistike­n an. „Ein großes Rätsel“, wie Wifo-Experte Oliver Fritz betont. Er zeigt sich skeptisch, ob die Daten so stimmen bzw. ob sie richtig erhoben wurden. Dass ein Hotel an einem Kärntner See im vergleichs­weise gut gebuchten Sommer mehr verlangen konnte, sei realistisc­h, so Fritz. Doch ein Plus für ganz Österreich, daran glaubt er nicht.

In Wien war es beispielsw­eise erheblich günstiger, eine Unterkunft zu buchen. Das zeigen Zahlen des Anbieters STR, der der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung Daten liefert. Demnach wurden in der Bundeshaup­tstadt allein im dritten Quartal Zimmer um rund 19 Prozent günstiger angeboten. Der Durchschni­ttszimmerp­reis machte nur noch 85 Euro statt wie im Vorjahr knapp über 100 Euro aus. Städte wie Linz, Innsbruck und Graz konnten sich etwas besser halten. Das hängt nicht nur mit der Abhängigke­it Wiens von internatio­nalen Gästen zusammen, sondern liegt mitunter auch daran, dass Landeshaup­tstädte als Ausgangspu­nkt für Reisen ins Umland genutzt wurden.

Zwischen Mai und September gab es hierzuland­e knapp 50 Mio. Nächtigung­en, ein Minus von 30 Prozent. Wifo-Experte Fritz schätzt, dass sich der Rückgang im Gesamtjahr auf 35 Prozent belaufen wird. Für die Wintersais­on schaut es noch schlechter aus. Da lautet die Prognose: minus 50 Prozent.

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[Getty Images/Imagebroke­r RF] So schön Amsterdam auch ist, von der Krise wurde es, wie viele andere Hauptstädt­e, hart getroffen.

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