Mit Drohnen und Satelliten für die Landwirtschaft Klimaforschung. Die Niederschlagsmengen werden – zumindest punktuell – gemessen und sind bekannt. Doch wohin fließt das Wasser? Ein internationales Großprojekt in Luxemburg, an dem Forscher der Boku Wien b
Die Wiener erleben es beinahe schon täglich mit dem Wetterbericht. Dieser meldet für die Bundeshauptstadt trockenes Wetter, aber in Teilen von Floridsdorf (21. Bezirk) regnet es. Oder über Hietzing geht ein Wolkenbruch hernieder, und in Stammersdorf scheint die Sonne. Mit den Temperaturangaben ist es ähnlich.
„Ehrlich gesagt wissen wir nicht genau, wie viel Regen eigentlich fällt“, sagt Karsten Schulz und sieht diese Aussage wahrlich nicht nur auf Wien beschränkt. Der Hydrologe von der Universität für Bodenkultur kann mit den Punktmessungen von Wetterstationen wenig anfangen – jedenfalls dann, wenn es um die Bestandsaufnahme einer ganzen Region geht. Und diese sind für präzise Angaben zur Abflussmenge, zu agrarischen Anbauvarianten oder möglichen langfristigen Bodenveränderungen von großer Bedeutung. Gerade in Zeiten der Klimaerwärmung bzw. -veränderung.
Eine umfangreiche derartige Analyse wurde nun nach neun Jahren (!) in Luxemburg abgeschlossen. Karsten Schulz und sein Boku-Team haben an diesem internationalen Forschungsprojekt mitgearbeitet. Untersucht wurde im Projekt „CAOS“(Catchments as Organized Systems) das Einzugsgebiet des Flusses Attert, das insgesamt 288 km2 umfasst. Nach einigen größeren Überschwemmungen in Luxemburg wurden Mitte der 1990er-Jahre zahlreiche Messstellen installiert, die ohne Unterbrechungen Daten lieferten. Auf diesen stützten sich Forschergruppen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aus Luxemburg und Deutschland, um das Zusammenspiel zwischen Niederschlagsmengen, der Bodenwasserdynamik, der Bodenbeschaffenheit und der darin bestehenden Makrofauna herauszufinden.
Wasser fließt durch Regenwurmgänge
„Um auf Klimawandel und Wetterextreme angemessen reagieren zu können, muss man nicht nur wissen, warum es regnet, sondern auch, was mit dem Wasser passiert“, lautet eine der Fragestellungen. Mit dem Projekt war Karsten Schulz schon ab 2011 befasst, damals an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als er 2013 die Leitung des Instituts für Hydrologie und Wasserwirtschaft an der Boku übernahm, wanderte auch ein Teil der DFG-Förderung mit ihm nach Österreich. Nach deren Auslaufen unterstützte ab 2015 der Wissenschaftsfonds FWF den von Schulz übernommenen Projektteil.
An CAOS sind Hydrologen, Meteorologen, Geophysiker, Geoökologen und Bodenkundler beteiligt. Die Forschungen konzentrierten sich auf die unterschiedliche Verteilung des Niederschlags, die Geologie und den Bodentyp. Besonders wichtig ist dabei die Vegetation, die in humiden Gebieten 60 Prozent der terrestrischen Wasserbilanz kontrolliert. Von besonderer Bedeutung ist das Vorkommen der Regenwürmer, da Regenwurmgänge eine Schlüsselrolle beim Wassertransport spielen. Karsten Schulz übernahm bei CAOS die Aufnahme, Auswertung und Analyse des Beobachtungsgebiets aus der Luft mittels Aufnahmen mit Wärmebildkameras, Satellitenaufnahmen und auch herkömmlichen Fotodokumentationen. Mit auf Drohnen montierten Wärmebildkameras und den Satellitenbildern kann die an der Erdoberfläche reflektierte Sonneneinstrahlung (thermale Strahlung) sowie die Abstrahlung von der Erdoberfläche gemessen werden. Mit seinen Spezialuntersuchungen folgen Schulz und seine Mitarbeiter auch den Vorgaben des österreichischen FWF: nämlich, wie Luftaufnahmen mit Wärmebildkameras dazu verwendet werden können, Wasserströme auf der Erde besser zu verstehen.
Die daraus resultierenden Analysen sind sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Klimaforschung relevant. Und sie können, so Schulz, auch auf österreichische Verhältnisse umgelegt werden. Allerdings ist im alpinen Gebiet das Netz an Messstellen noch sehr lückenhaft. Eine Testfläche wurde mit den in circa 30 Meter Höhe fliegenden Drohnen in Verbindung mit Bodenmessstellen bereits im Raum von Tulln (NÖ) vorgenommen. Etwa 60 Prozent der Niederschlagsmenge verdunstet im betroffenen Gebiet, ein Teil fließt ab (abhängig von der von den Regenwürmern verursachten Grobporenstruktur), ein Teil verbleibt in den Böden.