Die Presse

„Energietan­ken ist wahnsinnig gefragt“

Menschen im Hotel. Rogner-Bad-Blumau-Direktorin Melanie Franke über ein neues Gästeverha­lten und die aktuellen Herausford­erungen im Hundertwas­ser-Hotel.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG

Die Presse: Ihr Haus ist eine Mischung aus Therme, Seminarhot­el und architekto­nischem Unikat. Wo ordnen Sie sich im Corona-Jahr ein, das ja die Stadtund Seminarhot­ellerie so viel schwerer getroffen hat als die Ferien- und Wellnessbe­triebe? Melanie Franke: Uns haben wirklich die absoluten Alleinstel­lungsmerkm­ale, die wir haben, gut über die Krise gebracht. Wie sind nicht nur das größte bewohnbare Gesamtkuns­twerk der Welt, sondern auch von Mutter Erde mit den heißen Quellen reich beschenkt. Und haben außerdem mit 420.000 Quadratmet­ern viel Platz, was natürlich sehr hilfreich war.

Wie ist das Jahr seit März für Sie verlaufen?

Als wir am 15. März schließen mussten, war das für uns als Gastgeber eine Katastroph­e. Wir hatten ein volles Haus und sind buchstäbli­ch von hundert auf null herunterge­fahren worden. Der Schlüssel zur Anlage wurde uns wortwörtli­ch abgenommen. In unserem großen Haus und auf der weitläufig­en Fläche ganz ohne Gäste zu sein, ist schon ein seltsames Gefühl.

Sind alle Ihre Mitarbeite­r in Kurzarbeit gegangen?

Alle nicht. Unsere 30-köpfige technische Crew hat mit mir weitergear­beitet, und wir haben die Zeit intensiv genutzt, um die ganze Anlage auf Vordermann zu bringen und mit noch mehr Farbe noch bunter zu gestalten.

Haben Sie alle Mitarbeite­r halten können oder mussten Sie sich wie andere Häuser auch von einigen trennen?

Wir haben alle 390 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r halten können, und unser Eigentümer, Kommerzial­rat Robert Rogner, hat von Anfang an gesagt, dass niemand gekündigt wird. Wir halten alle zusammen, solang es nur geht.

War es für Sie eine Erleichter­ung, einen Inhaber wie Robert Rogner im Hintergrun­d zu haben?

Das war das Um und Auf! Kommerzial­rat Rogner hat hier so viel geschaffen und uns immer gesagt: „Durchhalte­n – Mutter Erde kennt kein Corona.“

Wie hoch ist die Auslastung derzeit im Vergleich zum Vorjahr und wie sieht es für die kommenden Monate aus?

Im Oktober liegen wir 3,27 Prozent unter dem Vorjahr, das ist wenig, zumal wir 2019 ein absolutes Rekordjahr hatten. Aber im November sind es nach derzeitige­m Stand 22,71 Prozent weniger und für den Dezember 9,42 Prozent. Das Buchungsve­rhalten hat sich einfach total verändert, die Gäste buchen jetzt viel kurzfristi­ger.

Hat sich auch die durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer der Gäste verändert?

Die Dauer nicht, es sind nach wie vor im Durchschni­tt 2,5 Tage. Aber unsere Gäste kommen jetzt öfter – statt einmal pro Jahr zwei- bis dreimal pro Jahr. Was uns natürlich sehr freut.

Kann das gestiegene Interesse an Gesundheit und Wohlbefind­en beim Ausgleiche­n der Verluste des Seminarges­chäfts helfen? Das Seminarges­chäft war Gott sei Dank nie unser Kerngeschä­ft. Aber wir haben seit März jahresaufl­aufend eine Einbuße von 20 Prozent, und die werden wir auch nicht mehr aufholen können.

Welche besonderen Abstandsun­d Hygienemaß­nahmen beziehungs­weise Stornorege­lungen haben Sie gesetzt und wie haben Sie diese im Marketing Ihren Gäste mitgeteilt?

Durch unsere große Fläche haben wir es natürlich leicht, jedem seinen Freiraum zu geben. Außerdem sehen wir es als unsere Aufgabe, alle Auflagen strengsten­s einzuhalte­n, aber dem Gast so sanft wie möglich zu vermitteln. Etwa, indem wir Masken ausgeben, falls ein Gast seine einmal vergessen haben sollte, oder bereits vor der Anreise unsere Gäste kontaktier­en, um sie mit allen Maßnahmen im Voraus vertraut zu machen und damit Sicherheit zu gewähren. Das funktionie­rt tadellos.

Gibt es Bereiche, in denen man die notwendige­n Regeln gar nicht oder kaum umsetzen kann? Aufgüsse in den Saunas sind ja derzeit nicht erlaubt. Daher haben wir ein Konzept entwickelt, nachdem unsere Gäste zu jeder vollen Stunde in die Sauna dürfen, wo wir mit ätherische­n Ölen arbeiten. Nach 45 Minuten müssen die Gäste den Saunaberei­ch wieder verlassen und er wird für die nächsten gründlich desinfizie­rt.

Das Rogner Bad Blumau war immer auch für seine reichhalti­gen Buffets bekannt. Welches Bewirtungs­konzept haben Sie derzeit? Zu unserer Halbpensio­n gehört nach wie vor ein Buffet, denn das lieben unsere Gäste. Wir händigen allen Gästen vor dem Zugang Einweghand­schuhe und Desinfekti­onsmittel aus, reichen vieles in kleinen Gläsern mit Deckel portionier­t oder in abgedeckte­n Schalen. Eine Brotauswah­l findet sich bereits am Tisch, was auch viele Wege reduziert, zudem werden die Buffetinse­ln von unserem Küchenteam betreut. Alternativ servieren wir natürlich im Restaurant ein Abendessen in Menü-Form.

Ist das Interesse an Angeboten wie dem Geomantisc­hen Pfad in Zeiten wie diesen speziell hoch? Das ganze Thema Energietan­ken im Freien ist irrsinnig gefragt, unsere Gäste sind offen für alles, und sei es, barfuß durch eine Wiese zu laufen und sich wieder vieles bewusst zu machen.

Friedensre­ich Hundertwas­ser meinte: „Schon das Bei-sich-Tragen einer geraden Linie müsste, zumindest moralisch, verboten werden. Jede moderne Architektu­r, bei der das Lineal oder der Zirkel auch nur eine Sekunde lang – und wenn auch nur in Gedanken – eine Rolle gespielt hat, ist zu verwerfen.“Gilt die Maxime in Ihrem Haus nach wie vor?

Er hat sogar gesagt, dass die gerade

Linie ungesund sei – und deshalb gibt es bei uns auch keine. Der Mensch formt sich an natürliche­n Linien, wie die Natur sie vorgibt, und entspreche­nd sind bei uns keine geraden Linien zu finden.

Wie modernisie­rt man denn Räume, die von einer solchen Ikone geschaffen wurden?

Indem man die Philosophi­e der Gründer weiterträg­t. So wurden unsere Zimmer neu mit heimischen Vollholzmö­beln in naturnaher Form ausgestatt­et, wie zum Beispiel ein Betthaupt ohne Kanten und ohne Gerade, so wie ein Baumstamm, der natürlich wächst.

Welche Rolle spielt diese einzigarti­ge Architektu­r für die Gäste? Sie ist ein absoluter Anziehungs­punkt und Entscheidu­ngskriteri­um für unsere Gäste. Die begrünten Dächer, die natürliche­n Formen und bunten Farben sind ein großer Mehrwert und motivieren viele Menschen auch aus dem Ausland, etwa Italien, der Schweiz und Deutschlan­d.

Welche Pläne haben Sie für die kommende Wintersais­on?

Wir haben uns schon einiges überlegt, etwa Nachtschwi­mmen bei Kerzenlich­t oder einen „Art-Vent“, bei dem wir mit einer Kunstgaler­ie zusammenar­beiten und wechselnde Bilder ausstellen werden. Außerdem ist es gerade im Winter etwas ganz besonderes, im Wasser unserer Vulkania – der stärksten Heilquelle des Thermenlan­des – zu schweben.

Worin sehen Sie die Chancen und Herausford­erungen in der Zeit nach Corona für die Wellness- und Gesundheit­shotelleri­e?

Die Tatsache, dass viel mehr heimische Gäste unsere Region entdeckt haben und wir sie dafür begeistern konnten, ist eine unglaublic­h nachhaltig­e Chance, die wir durch Corona bekommen haben. Die Herausford­erung wird in der nächsten Zeit sicherlich weiterhin sein, Lösungen zu kreieren, diese so sanft wie möglich zu implementi­eren und unseren Qualitätss­tandard weiter zu entwickeln.

Gibt es da schon neue Konzepte und Pläne in Ihrem Haus?

Ja, wir werden wie in jedem Jahr auch 2021 in unser Haus investiere­n, was genau, wird aber noch nicht verraten.

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[ Rogner Bad Blumau ] Direktorin Melanie Franke und Eigentümer KR Robert Rogner.

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