„Angenehm bin ich nicht“
Porträt. Jasmin Überbacher leitet ihre 220-köpfige Handwerkertruppe mit fester Hand und großem Respekt. Berührungsängste mit den „harten Männern“kennt sie keine.
Steirern sagt „Roth: Die Handwerksmeister“eine Menge. Drei Standorte in Graz, Gnas und Gleisdorf, ein Fachmarkt und viele Handwerker, die alles rund um Bauen und Wohnen erledigen: Installateure, Elektriker, Fliesenleger, Innenausbauer, Maler, Fenstermonteure und viele andere.
Chefin über diese 220 Mitarbeiter ist Jasmin Überbacher. Man stellt sie sich eher in einer Kanzlei oder einem Büro vor. Darüber lacht sie nur. „Das hat mir meine Mutter mitgegeben: Aus Respekt vor den anderen immer ordentlich und sauber auftreten.“Am elterlichen Bauernhof in Gnas lernte sie früh anzupacken: „Im Stall, am Feld und bei der Hausarbeit.“Oft waren Handwerker da. Denen schaute das Mädchen genau auf die Finger. Es interessierte sie brennend, was die da taten.
„Eltern“, philosophiert sie, „halten ihre Töchter oft von männerdominierten Branchen fern. Sie wollen sie beschützen.“Im späteren Leben machen die Töchter dann einen Bogen um solche Branchen – und lernen sie nie kennen.
Überbacher erlebte das anders. Nach einem richtungsweisenden Praktikum bei einer Verputz- und Estrichfirma stieg sie nach der Matura bei einem Handwerksbetrieb ein, fand ihn bald zu klein und wechselte auf die Zuliefererseite. Um 2000 erlebte sie hautnah den CEE-Boom als Managerin über neun Länder mit. „Osteuropa war bei uns nie schick“, sagt sie, „schon gar nicht für eine Frau.“Sie genoss es: „Ich habe dort tolle Menschen kennengelernt. Offen, auf Augenhöhe. Dort entscheidet der Mensch, nicht Position, nicht Geschlecht.“
Auf den CEE-Boom folgte ein jäher Abschwung. Der Mutterkonzern verlangte eine Entscheidung. Die ungarische Niederlassung schließen oder weiterführen? Weiterführen rechnete sich nicht – und doch: „Da steckte eine ehrliche Familie dahinter. Die wollte weitermachen.“Der Konzern war nicht begeistert, sie setzte es durch. „Das hat Mut gekostet, aber auch gezeigt, was ich kann.“Es funktionierte. Mit der ungarischen Familie ist sie bis heute eng verbunden.
Ein paar Jahre und ein berufsbegleitendes FH-Studium später landete sie bei der Unternehmensgruppe Roth. Nicht ganz zufällig auch in Gnas ansässig, betreibt Roth etwa Baumärkte, Modehäuser und das Entsorgungsunternehmen Saubermacher. Überbacher übernahm „Die Handwerksmeister“. Deren Mehrwert ist gewerkeübergreifende Arbeit: Das Bad etwa machen Fliesenleger, Maler und Installateur gemeinsam. „Jahrzehntelang hat man den Handwerkern beigebracht, die Gewerke zu trennen. Alles lief auf Spezialisierung hinaus.“Jetzt der
Umschwung: „Heute denkt man bereichsübergreifend. Und digital.“Das bringt sie ihren Leuten bei. Mit Nachdruck: „Angenehm bin ich nicht.“
Handwerker, findet sie, schulden dem Kunden ein höfliches, sauberes Auftreten: „Man unterstellt ihnen oft Respektlosigkeit. Für mich sind es die aufrichtigsten Menschen überhaupt.“Es gefällt ihr nicht, wenn sie mit „grob, schmutzig und einfach“assoziiert werden. „Mir ist egal, ob jemand tätowiert ist, pinke Haare hat und einen Bart. Solang er die Rezeptionistin grüßt.“Das ist ihr „lieber als jeder arrogante Anzugträger“.
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Überbacher strebt nach einer Aufsichtsratsposition. Doch sie beobachtet, „dass für solche Positionen immer nur bestimmte Berufsgruppen vorgeschlagen werden“. Schlussfolgerung: „Ich muss mich sichtbar machen.“
Das war der eine Grund, warum sie am Führungskräftelehrgang „Zukunft.Frauen“teilnahm. Der andere war ihre Aversion gegen Bequemlichkeit: „Wenn man zu lang in einer Position verharrt, wird man träge. Man erkennt die Chancen nicht mehr.“Ihr Rezept dagegen: Raus aus der Komfortzone, Menschen kennenlernen, sich weiterentwickeln.
Aus Sicht ihrer Männerdomäne hat sie wenig Kontakt mit anderen Frauen. „So oft habe ich nicht die Gelegenheit.“Deshalb empfindet sie das Netzwerk von „Zukunft.Frauen“als so fruchtbar. „Weil ich viele andere Berufe besser verstehen lerne. Und die Vorständin einer großen Bank hat vielleicht auch einmal ein Bauvorhaben.“Denn: „Ich will nicht nur mein Unternehmen vorwärtsbringen. Sondern auch mich.“