Die Rückkehr der Geisterspiele
Fußball. Mit dem neuerlichen Zuschauerverbot für Profiligen kann Vorstand Christian Ebenbauer leben. Noch ist der Hilfsfonds gut gefüllt, die Klubs aber warnen vor unabsehbaren Langzeitfolgen.
Wie es im österreichischen Fußball nun ohne Zuschauer weitergehen soll.
Wien. Österreichs Fußball-Bundesliga darf wegen ihres bewährten Corona-Präventionskonzepts wie auch der übrige Spitzensport im Lockdown weiterlaufen. Allerdings kehren die Geisterspiele aus dem Frühjahr zurück. Die sechste Runde am Wochenende war folglich die vorerst letzte vor Zuschauern, ab Dienstag bleiben die Ränge in den heimischen Stadien wieder leer. Die Liga kann mit dieser Maßnahme dank des ProfiligenFörderprogramms der Regierung vorerst leben, zumal die sukzessive Reduktion der Zuschauergrenze dies angedeutet hat. „Die Situation hat sich im Vergleich zum Frühjahr verbessert, weil wir den Spielbetrieb aufgrund der Präventionskonzepte ohne Risiko für die Beteiligten aufrechterhalten können“, erklärte Liga-Vorstand Christian Ebenbauer.
Das Eintreten des Worst-CaseSzenarios – die Aussetzung beziehungsweise Verschiebung von Meisterschaftsspielen – hängt laut Ebenbauer von zwei Faktoren ab: „Solang der Spielbetrieb behördlich erlaubt ist und solang die von den Klubs beschlossenen Spieler auch zur Verfügung stehen, ist es für mich außer Zweifel, dass die Spiele auch stattfinden werden“, sagte Ebenbauer. Für den Fall, dass am Spieltag aufgrund von Covid-19-Erkrankungen weniger als 16 gesunde Spieler (zwei Torhüter) zur Verfügung stehen, kann der betroffene Klub eine Verschiebung beantragen.
Rapid: „Nicht verständlich“
Schon die jüngsten Verschärfungen hatten bei den Klubs für Kritik gesorgt. Auch jetzt sieht Rapid-Präsident Martin Brucken keine Notwendigkeit für Geisterspiele. „Die Evidenz, die wir sehen, ist, dass es keine Fälle gegeben hat im Fußball und auch rund um den Fußball. Daher ist für uns der komplette Lockdown nicht verständlich“, erklärte der 55-Jährige am Sonntag im Sky-Interview. Die aufwendig und teuer erarbeiteten Präventionskonzepte würden eine Ausnahme rechtfertigen, weshalb er sich zumindest für die Beibehaltung von 1500 Zuschauern aussprach. „Es ist keine Planbarkeit, wir müssen wissen, wie es weitergeht.“
Bereits am Samstag hatte auch Markus Kraetschmer, Finanzvorstand der finanziell angeschlagenen Austria, vor einer „existenzbedrohenden Situation“gewarnt, deren Nachwehen noch lang zu spüren sein würden. „Da steht dem Fußball, wie vielen anderen Branchen, in den nächsten Jahren ein intensiver Einschnitt bevor.“
Die Bundesliga ist nun noch mehr auf den Profiligen-Hilfsfonds angewiesen, der Einnahmenausfälle wie Ticketing, Gastronomie und Merchandising (bis 75 Prozent) abdecken soll. Mit insgesamt 35 Millionen Euro für acht Ligen in Mannschaftssportarten ist dieser für 2020 dotiert, für 2021 stünden weitere 35 Mio. parat. Bisher flossen – wohlgemerkt ohne Kurzarbeit-Geld – 3,1 Millionen Euro an die Klubs der ersten und zweiten Fußball-Liga. Förderungswürdig sind jedoch nur Liga- und Cupspiele, nicht aber der Europacup.
Dieser Hilfsfonds der Politik ist für den Bundesliga-Vorstand „kurzfristig wichtig fürs Überleben, aber mittel- bis langfristig absolut keine Lösung“, denn Folgeschäden seien noch nicht absehbar. „Wir haben im Frühjahr schon zwei Monate ohne Fans im Stadion durchgehalten, alle waren dann schon sehr müde. Ohne Fans im Stadion ist es nicht dasselbe. Der
Fußball lebt von der Bindung zwischen Spielern, Klub, den Fans auf den Rängen“, betonte Ebenbauer.
Sorge um den Breitensport
Als nicht minder bedauerlich und dramatisch bezeichnet Ebenbauer das Stillstehen des Breitensports bis zumindest Ende November. „Der Fußball lebt von den Fans, nicht nur im Stadion, sondern von denen, die selbst im Breitensport spielen“, sagte der 46-Jährige. Die organisatorischen Folgewirkungen könnten chaotisch ausfallen. LigaVorstand Ebenbauer: „Wir wissen alle, welche Themen wir im Frühjahr hatten: Es gibt zum Auf- und Abstieg neue Regelungen, aber es wird nicht einfach werden – in jede Richtung.“(red.)