Spaniens Rechtsradikale hinter Anti-Corona-Protesten
Iberische Halbinsel. In Spanien macht die rechtspopulistische Partei Vox mobil. In Portugal verhängt die Regierung einen „Lockdown light“.
Madrid. Die Corona-Beschränkungen samt nächtlicher Ausgangssperre lösten in ganz Spanien gewaltsame Proteste aus. In zahlreichen Städten lieferten sich überwiegend rechtsradikale Gruppen am Wochenende Straßenschlachten mit der Polizei. Die Sicherheitskräfte nahmen 60 mutmaßliche Gewalttäter in Gewahrsam.
Pedro Sanchez,´ der sozialistische Regierungschef, verurteilte die Unruhen. „Gewalttätiges und irrationales Verhalten von einigen wenigen ist nicht hinnehmbar.“Dies helfe nicht, die Pandemie zu bekämpfen. Spanien ist einer der größten europäischen Corona-Brennpunkte.
Spaniens zunehmend rechtsextremistische Partei Vox, die inzwischen ganz offen mit der Franco-Diktatur sympathisiert, feuerte derweil die Demonstranten an. „Es gibt mehr Grund als jemals zuvor, gegen diese Regierung zu protestieren, die uns ruiniert“, sagte Vox-Chef Santiago Abascal. Er machte linke Gruppen und Einwanderer für die Gewalt verantwortlich. Vox stellt die drittgrößte Fraktion im spanischen Parlament.
Die schwersten Auseinandersetzungen gab es in der Hauptstadt Madrid. In Barcelona wurden Geschäfte geplündert. „Stoppt die politische Mafia“, lautete eine der Parolen in Madrid. Hinzu kamen die Rufe „Freiheit, Freiheit“. Die Slogans stammen aus dem Lehrbuch von Abascal, der die CoronaBeschränkungen ablehnt und behauptet, Spanien werde von einer „kriminellen Regierung“geführt.
Auch in den Städten Burgos, Santander, Valencia, Bilbao, Sevilla und Logron˜o war es in den vergangenen Tagen zu Unruhen gekommen. In dem Ort Vilafranca del Pened`es, 60 Kilometer von Barcelona entfernt, versuchten rund 100 Demonstranten das Rathaus zu stürmen.
Die Gewalt brach aus, nachdem in ganz Spanien – mit Ausnahme der Kanarischen Inseln – eine landesweite Ausgangssperre in Kraft trat. Das Ausgangsverbot gilt in der Regel von 23 Uhr bis sechs Uhr. Die örtlichen Behörden können den Beginn und das Ende jedoch um eine Stunde vorziehen.
Einen nationalen Lockdown, wie beim nördlichen Nachbarn Frankreich, gibt es in Spanien derzeit noch nicht. Bisher versuchen die zuständigen regionalen Gesundheitsbehörden, die steil ansteigende Infektionskurve über die Absperrung von Risikozonen in den Griff zu bekommen. Inzwischen sind 13 von 17 spanischen Regionen, 80 Prozent des nationalen Territoriums, Corona-Sperrgebiet.
Die Sieben-Tage-Inzidenz befand sich am Wochenende in Spanien bei 234 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner – Tendenz steigend. Die ZahI der Neuinfektionen stieg zuletzt auf den Rekordwert von 25.600 Fällen. Mehr als 18.000 Corona-Patienten liegen im Krankenhaus, davon 2500 auf der Intensivstation. Innerhalb der vergangenen Woche wurden 1126 Corona-Tote registriert.
Algarve nicht betroffen
Derweil beschloss das Nachbarland Portugal für weite Teile einen Lockdown light. Wie schon im Frühjahr ordnete die sozialistische Regierung von Antonio´ Costa die „Bürgerpflicht“an, nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben. Der Appell gilt für etwa 70 Prozent der Bevölkerung.
Betroffen ist vor allem der nördliche Landesteil mit den Einzugsgebieten der Großstädte Lissabon und Porto. Die im Süden liegende Algarve-Küste ist momentan noch nicht vom Lockdown betroffen. Wirtschaft, Handel und Gastronomie werden dieses Mal nicht heruntergefahren. Auch die Schulen sollen offen bleiben. Kurze Spaziergänge und Restaurantbesuche sollen weiterhin erlaubt sein.