Warnschüsse in Belarus gegen Demonstranten
Präsident Lukaschenko bekräftigt: „Wir werden nicht zurückweichen.“
Minsk. Trotz neuer Gewaltandrohung haben in Belarus Zehntausende Menschen gegen den umstrittenen Präsidenten Alexander Lukaschenko demonstriert. Sie zogen am Sonntag in mehreren Gruppen durch die Hauptstadt, Minsk. Bereits kurz nach Beginn feuerten Sicherheitskräfte Warnschüsse ab. Es gab zudem Berichte und Videos, dass erneut mehrfach Blend- und Lärmgranaten eingesetzt worden seien.
Am zwölften Sonntag der Massenproteste nahmen die Sicherheitskräfte Dutzende Demonstranten fest. Auch Journalisten sollen unter den Inhaftierten gewesen sein, berichten Menschenrechtsgruppen. Sie verzeichneten allerdings weniger Demonstranten als in den vorigen Wochen.
Um gegen die zunehmende Gewalt zu protestieren, hatte die Demokratiebewegung zu einem „Marsch gegen den Terror“aufgerufen. Lukaschenko hatte zuvor gedroht: „Jetzt reicht es. Wir werden nicht zurückweichen.“Er habe früh gewarnt, dass rote Linien nicht überschritten werden dürften.
U-Bahnstationen gesperrt
In Minsk sperrten die Sicherheitskräfte mehrere zentrale Plätze mit Gittern ab, auch zahlreiche U-Bahnstationen blieben geschlossen. Zudem funktionierte das mobile Internet zeitweise nicht. Die Behörden wollen damit verhindern, dass sich Demonstranten zum Beispiel über soziale Netzwerke verständigen können.
Vielen Demonstranten gelang es dennoch, zu der Gedenkstätte Kuropaty zu gelangen – einer Gedenkstätte für die Opfer der Repression in der Sowjetunion. Bereits am Samstag waren Hunderte Frauen durch Minsk gezogen. Sie verabreden sich traditionell an den Samstagen zum Protest. Seit Tagen kommt es punktuell zu Streiks in Betrieben und zu Aktionen an den Universitäten.
Unterdessen hat Belarus unter der Begründung der Coronapandemie am Sonntag die Grenzen für Ausländer geschlossen. Eine Einreise ist allerdings weiterhin über den Flughafen Minsk möglich. (ag.)