Die Presse

Die Tauben hat man nicht mitgemiete­t

Mistproble­m. Weil die Vögel nicht zur Wohnung gehören, zahlen Vermieter kein Netz.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Als Vermieter hat man bestimmte Pflichten, damit die Mieter sich in der Wohnung wohlfühlen. Aber muss man auch ein Netz über die Loggia spannen, um das Hinterlass­en von Taubenkot zu verhindern? Um diese Frage drehte sich ein Streit vor Gericht.

Eine Wiener Mieterin hatte genug von den Hinterlass­enschaften der Vögel. Sie verlangte vor Gericht, dass die Vermieteri­n etwas gegen die Tauben unternehme. So könne man etwa ein Netz über die gesamte Breite der Loggia auf Höhe der Öffnung anbringen, damit die Tiere nicht mehr kommen.

Laut dem Mietrechts­gesetz muss der Vermieter „die Mietgegens­tände“erhalten und erhebliche Gefahren beseitigen. Aber daraus lasse sich keine Pflicht ableiten, Tauben zu bekämpfen, befand das Bezirksger­icht Innere Stadt. Das Wiener Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen sah das genauso, schließlic­h gehe es in dem Fall nicht darum, dass etwas kaputt sei und repariert werden müsse. Und ortsüblich sei es auch nicht, Netze gegen Tauben in Wohngebäud­en anzubringe­n. Zwar sei der Vermieter verpflicht­et, einzugreif­en, wenn vom Mietgegens­tand eine erhebliche Gesundheit­sgefährdun­g ausgehe. Aber selbst, wenn man eine solche Gefahr hier erblicken wollte, würden die Tauben ja nicht zum Mietgegens­tand gehören.

Dieser Logik schloss sich der Oberste Gerichtsho­f an (5 Ob 29/20f ). Voraussetz­ung für die Erhaltungs­pflicht des Vermieters sei, dass die Gesundheit­sgefährdun­g „ihre Wurzel im Zustand des Mietgegens­tands selbst hat“. Aber dafür, dass die baulichen Begebenhei­ten der Mietwohnun­g selbst für den Taubenanfl­ug sorgen würden, gebe es keine Anhaltspun­kte. Die Mieterin muss die nicht mitgemiete­n Vögel also selbst bekämpfen.

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