Ein Crescendo aus klassischen Fugen als Fluchtversuch
Das Quatuor Mosa¨ıques führte noch einmal in die Musik-Parallelwelt.
Fuge heißt Flucht. Das Quatour Mosa¨ıques bot seinem Publikum mit einem raffinierten Fugenprogramm eine Flucht in ein Paralleluniversum, in dem man noch einen Kammermusikabend besuchen kann – und klärten bald, warum die Musiker alteingesessener Quartette einander kaum zu beachten scheinen: Nach über 30 Jahren haben sie es nicht mehr nötig, sich ständig anzuschauen, um exakt zusammenzuspielen. Sobald man sich bei Haydns Streichquartett op. 20/5 an die leicht erkältet klingenden Darmsaiten gewöhnt hatte, genoss man die perfekt wogenden dynamischen Wellen und die abschließende Fuge, die vorzüglich gelang.
In Mozarts „Adagio und Fuge“, KV 546, imitierte Cellist Christophe Coin dann erfolgreich eine ganze Bassgruppe und bildete so seinen Kollegen das nötige Fundament für das kühne Werk, dessen Chromatik noch eine Steigerung gegenüber Haydns Schlusssatz bedeutete – und zum Schlussstück des Abends führte.
Wenn die Außerirdischen endlich die Botschaft der Menschheit erhalten, die an Bord der Voyager 1 durch das All saust, werden sie gewiss auch zu Tränen gerührt sein, wenn sie die „Cavatina“aus Beethovens op. 130 hören. Das Quatour Mosa¨ıques spielte diesen Satz jedenfalls mit einer herzzerreißenden Innigkeit, die auch die grausamste UFO-Besatzung erweichen würde. Die abschließende „Große Fuge“, die die Gattung sprengte und schon Beethovens Zeitgenossen verstörte, fordert auch heutige Ohren noch. Mit diesem dystopischen Stück bekam der Fluchtversuch aus der trüben Realität, der dieses Konzert war, ein leider nur zu passendes Ende.