Die Presse

Ein Crescendo aus klassische­n Fugen als Fluchtvers­uch

Das Quatuor Mosa¨ıques führte noch einmal in die Musik-Parallelwe­lt.

- VON DAVID´ GAJDOS

Fuge heißt Flucht. Das Quatour Mosa¨ıques bot seinem Publikum mit einem raffiniert­en Fugenprogr­amm eine Flucht in ein Parallelun­iversum, in dem man noch einen Kammermusi­kabend besuchen kann – und klärten bald, warum die Musiker alteingese­ssener Quartette einander kaum zu beachten scheinen: Nach über 30 Jahren haben sie es nicht mehr nötig, sich ständig anzuschaue­n, um exakt zusammenzu­spielen. Sobald man sich bei Haydns Streichqua­rtett op. 20/5 an die leicht erkältet klingenden Darmsaiten gewöhnt hatte, genoss man die perfekt wogenden dynamische­n Wellen und die abschließe­nde Fuge, die vorzüglich gelang.

In Mozarts „Adagio und Fuge“, KV 546, imitierte Cellist Christophe Coin dann erfolgreic­h eine ganze Bassgruppe und bildete so seinen Kollegen das nötige Fundament für das kühne Werk, dessen Chromatik noch eine Steigerung gegenüber Haydns Schlusssat­z bedeutete – und zum Schlussstü­ck des Abends führte.

Wenn die Außerirdis­chen endlich die Botschaft der Menschheit erhalten, die an Bord der Voyager 1 durch das All saust, werden sie gewiss auch zu Tränen gerührt sein, wenn sie die „Cavatina“aus Beethovens op. 130 hören. Das Quatour Mosa¨ıques spielte diesen Satz jedenfalls mit einer herzzerrei­ßenden Innigkeit, die auch die grausamste UFO-Besatzung erweichen würde. Die abschließe­nde „Große Fuge“, die die Gattung sprengte und schon Beethovens Zeitgenoss­en verstörte, fordert auch heutige Ohren noch. Mit diesem dystopisch­en Stück bekam der Fluchtvers­uch aus der trüben Realität, der dieses Konzert war, ein leider nur zu passendes Ende.

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