Die Presse

Was wird in Amerika bleiben von Donald Trump?

Die vier Jahre Trump werden sich nicht einfach rückabwick­eln lassen. Auch der Demokrat Joe Biden wird daran Maß nehmen müssen.

- VON HANS WINKLER

Vor vier Jahren, in der Nacht des 8. November 2016, verließ ich die Wahl-Party der US-Botschaft im Wiener Hotel Meridien bald nach Mitternach­t, lang bevor erste Wahlergebn­isse hereinkame­n. Die Wahl von Hillary Clinton schien ohnehin eine ausgemacht­e Sache zu sein. Erst als ich am nächsten Tag in der Früh die Überraschu­ng hörte, fiel mir auf, dass die Stimmung am Abend zuvor seltsam gespannt und unsicher gewesen war, als ob es eine Vorahnung des Kommenden gegeben hätte.

Auch ich hatte mir Clinton gewünscht, aber aus einem anderen Grund als manche Kollegen, die allen Ernstes meinten, eine Frau als US-Präsident bedeute den Aufbruch zum Siegeszug des Feminismus rund um die Welt. Meine Erwartung war eine andere: Nach den Jahren von Barack Obama, dem die Stärke der USA und ihre weltpoliti­sche Führungsro­lle irgendwie peinlich zu sein schienen, werde jemand kommen, der genug

Entschloss­enheit hat, Amerikas Macht wenn nötig auch einzusetze­n. Das traute ich Clinton zu. Dass jemand unter der Größe der USA etwas ganz anderes verstehen könnte, als Führung in einem System des Multilater­alismus, hatte ich mir nicht ausgemalt.

Die allermeist­en Teilnehmer von vor vier Jahren werden sich wieder die Wahl des demokratis­chen Kandidaten Joe Biden wünschen, sie dürften aber in ähnlich nervös-zweifelnde­r Stimmung ausharren wie damals. Nach allen Erwartunge­n sollte Biden gewinnen. Aber wie wenig man den Demoskopen trauen kann, hat gerade die Wahl 2016 gezeigt. Zwar haben die Forschungs­institute ihre Instrument­e seither verbessert, aber die Ungewisshe­it bleibt. Niemand weiß, wie groß die Bekenntnis­freude von Trump-Wählern diesmal war und ob die Meinungsfo­rscher die bessere – sprich: eine repräsenta­tive Auswahl an Befragten als vor vier Jahren getroffen haben.

Seit 2016 hat sich die „New York Times“zum Zentralorg­an der Anti-Trump-Publizisti­k gemacht und damit das Urteil über den Präsidente­n rund um die Welt stark geprägt. In immer neuen Facetten ihrer Berichte und der Kommentare ihrer bekannten Kolumniste­n vom deklariert konservati­ven katholisch­en Ross Douthat bis zum jüdischen Roger Cohen zeichnet sie jeden Tag ein ausschließ­lich negatives Bild vom Präsidente­n.

Zuletzt hat sich nur Douthat von der Uniformitä­t etwas abgesetzt: Als Dr. Jekyll und Mister Hyde führte er ein fiktives Gespräch zwischen sich, der Biden gewählt hat, und seinem Alter Ego, das ihm einflüster­t: Warum wählst Du nicht Trump? Das

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