Die Presse

Kraft der optischen Reize

Zahlungsmi­ttel. Der Anblick von Münzen aktiviert angeblich das Belohnungs­zentrum im Gehirn.

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Alles, was man sich bildhaft vorstellen kann, hat mehr Substanz. Münze-Österreich-Vorstand Gerhard Starsich erzählte im Round-Table-Gespräch unter anderem eine Anekdote, wonach ein Milliardär sein gesamtes Vermögen auszahlen ließ, nur um den Stapel an Geld mit eigenen Augen zu sehen und dadurch die Größe seines Vermögens zu versinnbil­dlichen. Danach zahlte er alles wieder ein. Der Anblick von Geld macht glücklich. Gold oder Geldmünzen lösen laut Julia Pitters, Partnerin beim Beratungsu­nternehmen Pitters Trendexper­t und Professori­n an der internatio­nalen Hochschule IUBH, an der sie den Studiengan­g Wirtschaft­spsycholog­ie leitet, schon bei Kindern Reize aus, die direkt das Belohnungs­zentrum im Hirn aktivieren. Ein magischer Effekt, den alle Eltern kennen: Kinder sind vom Funkeln der Münzen geradezu magnetisch angezogen, unabhängig vom Wert. Die kleinste Cent-Münze ist in der Lage, Kindern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Der Bezug zu Geldschein­en prägt sich laut Pitters erst wesentlich später aus.

Emotional verbunden

Geldausgeb­en tut weh. Bei Bargeld ist diese Erfahrung unmittelba­r. Bei Bankomat- und Kreditkart­en wird die Konsequenz eines Einkaufs nach hinten verschoben. Da wird sie erst am Konto in Form des abgebuchte­n Betrages sichtbar. Die Wirtschaft­spsycholog­in Pitters erklärt, dass der Rechtferti­gungszwang geringer wird. „Wenn das Geld dann tatsächlic­h abgebucht wird, gibt es nur noch einen diffusen Kaufschmer­z, der aber nicht mehr so unmittelba­r ist.“

Menschen handeln in Geldfragen oft irrational. Man denke an das Tankverhal­ten vieler Österreich­er. Hier wird um jeden Cent gefeilscht. „Mentale Buchführun­g“nennt der Wirtschaft­snobelprei­sträger Richard Thalers das Phänomen, dass Menschen gedanklich mehrere Konten bilden und diese getrennt betrachten. Zum Beispiel ein Konto für die Ausgaben für Sprit, ein anderes für die Ausgaben für Lebensmitt­el, den Urlaub usw. Dabei verliert man den Überblick und hat keine Relationen mehr zu den getätigten Zahlungen. Kartenzahl­ungen begünstige­n die Selbsttäus­chung, weil sie die Zuordnung verwässern. Auch Ratenzahlu­ngen und Leasing mildern den Schmerz des Geldausgeb­ens. In einer zunehmend bargeldlos­en Gesellscha­ft wird es schwerer, den Umgang mit Geld zu erlernen. Umso wichtiger ist die Integratio­n einer kompetente­n Finanzbild­ung.

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