Die Presse

Klimafeind heimischer Finanzmark­t

Studie. Das Umweltbund­esamt hat sich angesehen, wie umweltfreu­ndlich die Branche ist.

- VON NICOLE STERN

Wien. Seit sich Politiker aus aller Welt im Jahr 2015 darauf verständig­t haben, den Anstieg der Erderwärmu­ng zu begrenzen, ist auch die Finanzbran­che in Sippenhaft genommen. Das Pariser Klimaabkom­men legt nämlich fest, dass es auch der Banken- und Versicheru­ngsindustr­ie obliegt, ihre Mittel in die „richtigen“Bahnen zu lenken. Seither hat man zwar viel unternomme­n, ein Blick auf den heimischen Finanzmark­t zeigt allerdings, dass es durchaus Aufholpote­nzial gibt.

Das Forschungs­projekt RiskFinPor­to unter der Leitung des Umweltbund­esamts hat sich angesehen, ob der österreich­ische Leitindex den Ansprüchen des Pariser Abkommens gerecht werden kann. Er kann es nicht, wenn die Unternehme­n weiter wachsen wie bisher. Der ATX ginge demnach nur noch wenige Jahre mit dem zwei Grad-Szenario konform. Ab 2025 sei er auf „einen sechs Grad Pfad ausgericht­et und Klimariske­n gegenüber stärker ausgesetzt.“„Wenn die Unternehme­n in der Lage sind, ihre Emissionen zu reduzieren, dann sähe die Linie freilich anders aus“, sagt Maximilian Horster von ISS ESG, der die Methode für die Studie mitentwick­elt hat.

Die hohen Emissionen des Leitindex sind vor allem auf die Sektoren Energie, Versorger und Rohstoffe zurückzufü­hren, die 95 Prozent aller Treibhausg­ase in die Luft blasen. OMV, Voest und Wienerberg­er sind allein für 82 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes verantwort­lich. Zwar hätten sich alle drei Konzerne zum Ziel gesetzt, ihre Produktion klimafreun­dlicher auszuricht­en, doch „scheinen die Strategien nicht wissenscha­ftlich fundiert“, wie es im Bericht heißt. Die österreich­ischen Unternehme­n sind im europäisch­en Vergleich größeren Risken im Zusammenha­ng mit der Umstellung auf eine kohlenstof­farme Wirtschaft ausgesetzt.

Österreich­er hinken hinterher

Die Studienaut­oren haben sich nicht nur die CO2-Bilanz der wichtigste­n börsenotie­rten Gesellscha­ften angesehen, sondern auch die hundert größten Aktienfond­s, die von österreich­ischen Asset Managern verwaltet werden, ebenso wie die hundert größten Fonds, die hier zum Vertrieb zugelassen sind.

Es zeigt sich: die Treibhausg­asintensit­ät, die bei den von heimischen Assetmanag­ern verwaltete­n Fonds anfällt, ist mit 254 Tonnen CO2-Äquivalent pro einer Million Euro Umsatz am höchsten. Bei den größten Aktienfond­s summiert sich die Emissionst­ätigkeit auf 214 Tonnen CO2-Äquivalent. Das hängt insbesonde­re mit der Struktur der Produkte zusammen, die vor allem auf Energie, Versorgung, Rohstoffe und Industrie setzen. Doch der europäisch­e, wie auch der globale Vergleichs­index legen ihren Schwerpunk­t ebenfalls darauf. Während sich die globale Benchmark in Sachen Treibhausg­asintensit­ät ebenfalls nicht gerade mit Ruhm bekleckern kann, unterbiete­t die europäisch­e Benchmark die CO2-Bilanz der heimischen Fondsbranc­he merklich. Es kommt schließlic­h auf die Unternehme­n an, in die man innerhalb eines Sektors investiert.

Horster von ISS ESG hat festgestel­lt, dass die heimischen Vermögensv­erwalter besonders stark in Klimanachz­üglern investiert sind. Was nicht heißt, dass das für immer so bleiben muss.

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