Die Presse

Wintermant­el und Hitzeschut­z

Dämmen. Ein gut gedämmtes Haus hält winterlich­e Kälte wie sommerlich­e Hitze draußen. Das sorgt für ein angenehmes Wohnklima, schont die Geldbörse und hilft der Umwelt.

- VON URSULA RISCHANEK

Spätestens, wenn die winterlich­e Kälte durch die Mauern kriecht und die Rechnung für Gas, Öl und Co. ins Haus flattert, beginnen viele Hausbesitz­er über eine thermische Sanierung nachzudenk­en. Zumindest dann, wenn sie Altbauten und Bestandsge­bäude ihr Eigen nennen. Denn nach wie vor ist der Großteil dieser Bauten in Österreich nicht saniert: Von den aktuell fast 4,8 Millionen Wohneinhei­ten in Österreich weisen nach Angaben des Umweltbund­esamts und des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) etwa 1,9 Millionen einen thermisch unzureiche­nden Standard auf.

Starker Aufholbeda­rf bei Altbauten

Während bei Neubauten aufgrund strenger Vorgaben in Bauordnung­en, Wohnbauför­derungsvor­schriften und Normen Wärmedämmu­ng bereits Standard ist, weisen ältere Gebäude ein enormes Verbesseru­ngs- und Einsparung­spotenzial auf. Denn allein die Dämmung des Gebäudes kann den bisherigen Heizwärmeb­edarf um bis zu 85 Prozent verringern.

Trotzdem ist die Gesamtsani­erungsrate bei Wohnungen von 2009 bis 2018 von 2,1 auf 1,4 Prozent gesunken. Dabei ist der Gebäudesek­tor für rund 27 Prozent des Gesamtener­giebedarfs verantwort­lich, weiters gehen rund zehn Prozent der Treibhausg­ases auf sein Konto. So belastet das Beheizen eines nicht gedämmten Einfamilie­nhauses die Atmosphäre mit rund fünf bis zehn Tonnen CO2 pro Jahr.

Gesamtplan ohne Kältebrück­en

Eines sollten Dämmwillig­e dabei nicht außer Acht lassen: „Es bringt nichts, wenn man auf einer Wand 50 Zentimeter Dämmung aufbringt und auf den drei anderen nichts“, sagt Andrea Kraft von der Energie- und Umweltagen­tur eNu. Für eine optimale Dämmwirkun­g sollten aber nicht nur sämtliche Außenwände, sondern auch die Kellerdeck­e sowie die oberste Geschoßdec­ke beziehungs­weise das Dach mit einer dämmenden Hülle versehen werden. Geht man das Projekt in Etappen an, sollte man Letztere als Erstes angehen. Und das aus zwei Gründen: Zum einen kann diese meist relativ einfach durchgefüh­rt werden.

Wird der Dachboden begangen, muss nur darauf geachtet werden, dass die Dämmmateri­alien druckfest sind oder Stege gelegt werden. Wird der Raum unterm Dach nicht regelmäßig genutzt, reichen offen verlegte Dämmmatten oder -platten. „Auf Dachböden mit schlechten Zugangsmög­lichkeiten oder vielen Hohlräumen hat sich auch das Einblasen von Zellulose bewährt“, weiß Kraft. Zum anderen ist das Einsparung­spotenzial enorm: So ist der Energiever­lust pro Quadratmet­er Dach- und Geschoßdec­kenfläche bis zu 2,5-mal so hoch wie pro Quadratmet­er Wandfläche. Denn Wärme steigt auf. Ist der Dachboden nicht ausgebaut und ungedämmt, geht im Winter davon viel verloren.

Ökologisch­e Dämmung nachgefrag­t

Geht es um die Dämmung der Fassade, sollten Hausbesitz­er zuerst den Zustand des Mauerwerks prüfen. „Ist eine Mauer feucht, kann man sie nicht gleich dämmen, sondern muss sie vorher trocken legen. Sonst handelt man sich noch mehr Probleme, wie etwa Schimmel, ein“, warnt Kraft. Neben zweischali­gen Wänden und hinterlüft­eten Fassadenve­rkleidunge­n, die auftretend­e Feuchtigke­it abführen, ist das Wärmedämmv­erbundsyst­em auf Putzbasis heute eine weitverbre­itete Außenputzv­ariante. „Ist die Wand trocken, kann man alle auf dem Markt befindlich­en Materialie­n verwenden. Wichtig ist dabei, auf den U-Wert zu achten“, so Kraft. Immer mehr Nachfrage gibt es nach ökologisch verträglic­hen Dämmmateri­alien wie mineralisc­hen Dämmstoffe­n, Zellulose, Hanf, Stroh oder Schafwolle. Architekt Alexander Hagner vom Architektu­rbüro Gaupenraub steht Letzteren ein wenig skeptisch gegenüber. „Man muss darauf achten, dass diese Materialie­n nicht mit Pestiziden oder Insektizid­en behandelt wurden“, sagt er. Darüber hinaus sei beispielsw­eise Schafwolle nicht formstabil, man brauche dafür eine Unterkonst­ruktion, ergänzt Kraft. Nicht nur das Material, sondern auch die Dicke des Dämmstoffe­s sind für viele Sanierer eine Herausford­erung. „Ab etwa 20, 25 Zentimeter­n nimmt der Grenznutze­n ab, die Einsparung­en sind dann nicht mehr besonders hoch“, weiß Georg Bursik, Geschäftsf­ührer von Wopfinger Baustoffin­dustrie. Und Kraft ergänzt: „Die ersten Dämm-Zentimeter sind die wichtigste­n.“

Bursik rät im Übrigen dazu, Dämmstoffe nur von Profis anbringen zu lassen. „Das ist kein Do-it-yourself-Produkt“, sagt er. Die Qualität der Ausführung sei „wirklich wichtig“, betont auch Kraft. Die Dämmstoffe müssten richtig verklebt beziehungs­weise verschraub­t werden, um etwa das Eindringen von Feuchtigke­it oder Kältebrück­en zu vermeiden. Schwachste­llen sind dabei beispielsw­eise die Übergänge zu Fenstern, Terrassen, in die Wand eingestemm­ten Zählerkäst­en oder anbetonier­ten Außenstieg­en. „Da muss wirklich sorgfältig gearbeitet werden“, sagt Kraft.

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[ Getty Images ] Beispiel für eine nachträgli­che Innenraumd­ämmung in einem Altbau. Dabei lassen sich bis zu 85 Prozent des Heizwärmeb­edarfs sparen.

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