Die Presse

Hilft Waschen von Obst?

Pestizide werden entweder aufgesprüh­t oder können auch über das Saatgut in die Frucht gelangen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kauft bio.

- VON ALICE SENARCLENS DE GRANCY [ Foto: Privat ]

Gehen Pestizide damit wirklich runter?

Gut abwaschen, damit das Gift herunterge­ht“, sagte man früher den Kindern, wenn sie Obst aus dem Supermarkt essen wollten. Aber gehen Spritzmitt­el nicht auch unter die Schale, fragt eine Leserin, die es genauer wissen möchte.

Dazu müsse man unterschei­den, ob ein Kontaktgif­t auf Früchte oder Blätter aufgesprüh­t wird oder systemisch­e Gifte verwendet werden, sagt der Ökologe Johann Zaller von der Boku Wien. Letztere verteilen sich – auch über das Saatgut – in der gesamten Pflanze, sie werden etwa beim Anbau von Raps, Mais, Kartoffeln oder Zuckerrübe­n, aber auch bei Äpfeln genutzt. Der Haken: Der Konsument weiß nicht, welches Gift sich auf oder in seiner Frucht befindet, das muss nicht ausgewiese­n sein. Als besonders belastet gelten Zitrusfrüc­hte, für sie seien Hunderte Spritzmitt­el zugelassen, berichtet Zaller. Was importiert wird, kann generell schlechter kontrollie­rt werden. So werden etwa auch Bananen stark behandelt, weil sie für Schädlinge und Pilze besonders anfällig sind. Relativier­end fügt Zaller hinzu, dass man nur rund ein Prozent des Spritzmitt­els tatsächlic­h im Fruchtflei­sch findet. Die meisten Gifte sind außen auf der Schale.

„Na dann schäl’ ich meinen Apfel einfach!“, mag sich manch einer denken. Damit entfernt man allerdings auch die Hälfte des Vitamin C sowie Geschmacks­stoffe: „Ein Apfel schmeckt geschält nicht so gut wie ungeschält“, sagt Zaller. In wissenscha­ftlichen Studien fanden US-Lebensmitt­elforscher heraus, dass man einen Apfel am besten 15 Minuten lang einweicht und dann mit Natron, also Backpulver, abwäscht, um Pestizidrü­ckstände loszuwerde­n. Wem das zu umständlic­h ist, der nimmt am besten möglichst viel biologisch produziert­es Obst und Gemüse zu sich. „Was im Bioladen verkauft wird, darf nicht mit künstlich hergestell­ten Pestiziden behandelt worden sein“, erläutert Zaller.

Mit Molke Schadpilze bekämpfen

Wie aber schützt man die Früchte im biologisch­en Landbau? „Man verwendet Elemente wie Schwefel oder Kupfer, um sich zu wehren“, erzählt Zaller. Ein weiterer Weg sei, Nützlinge zu fördern. Durch das Aufsprühen von Molke nährt man etwa Mikroorgan­ismen, die Schadpilze wie Mehltau verdrängen. Die wichtigste Methode sei aber, gezielt Sorten für den Anbau auszuwähle­n, die möglichst wenig anfällig für Krankheite­n sind, so Zaller. Auch wenn Äpfel schon geerntet sind, gibt es sanfte Methoden, um sie haltbar zu machen: Während manche Äpfel, die es billig zu kaufen gibt, noch mit bedenklich­en Spritzmitt­eln gegen die Lagerfäule behandelt werden, nutzt man dazu im Biolandbau rund 50 Grad heißes Wasser.

Konvention­ell eingesetzt­e Waffen zur Schädlings­bekämpfung könnten das Erbgut schädigen, krebserreg­end sein oder den Hormonhaus­halt des Menschen verändern, so Zaller. Im Biolandbau habe man keine derart bedenklich­en Produkte gefunden, sagt er. Seine Erkenntnis­se hat er im kürzlich auf Englisch erschienen­en populärwis­senschaftl­ichen Buch „Daily Poison“zusammenge­fasst. Das Heimtückis­che an Spritzmitt­eln sei auch, dass ihre Zusammense­tzung in der Regel ein Betriebsge­heimnis ist.

Zaller forscht aktuell dazu, welche Umweltwirk­ungen die einzelnen Wirkstoffe haben. Allein in Österreich gibt es 38 unterschie­dliche Glyphosatp­rodukte.

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„Die meisten Gifte finden sich außen auf der Schale.“

Johann Zaller, Ökologe, Boku Wien

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