Weiterer Impfstoff vor Durchbruch
Prävention. Das Präparat von AstraZeneca wird insbesondere von älteren Menschen sehr gut vertragen.
Wien. Nach zuletzt vielversprechenden Zwischenergebnissen der Unternehmen BioNTech (Deutschland, in Kooperation mit dem USRiesen Pfizer) und Moderna (USA), die mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 entwickeln, präsentiert nun auch der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca Daten aus Phase-zwei-Studien, die neben einer hohen Wirksamkeit auch eine sehr gute Verträglichkeit versprechen. Und das unabhängig vom Alter der Probanden.
Ältere Testpersonen – 240 der insgesamt 560 Studienteilnehmer sind älter als 70 – gaben sogar seltener Nebenwirkungen wie etwa Kopfschmerzen, Unwohlsein, erhöhte Temperatur oder Schmerzen rund um die Einstichstelle an. Die Ergebnisse haben jetzt Mitarbeiter der Oxford Vaccine Group, die an der Erforschung des Impfstoffs beteiligt ist, in dem Fachjournal „The
Lancet“veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass 100 Prozent der Studienteilnehmer rund zwei Wochen nach der zweiten Teilimpfung (einen Monat nach der ersten) ausreichend neutralisierende Antikörper entwickelten, um als immun zu gelten. Damit wäre der Impfstoff mit dem Namen ChAdOx1 ähnlich wirksam wie jene von BioNTech und Moderna, die jeweils eine mindestens 90-prozentige Wirksamkeit meldeten.
Unklar ist bei allen Präparaten, wie lang die Immunität anhält und ob die Impfung nur vor dem Ausbruch der Erkrankung schützt oder auch vor einer Ansteckung.
Dosisfindung und Wirkung
In der Phase zwei einer klinischen Studie geht es hauptsächlich um die Dosisfindung und um Nebenwirkungen, in der dritten (und letzten) wird dann die Wirksamkeit eines Impfstoffs untersucht. Mehrere Zehntausend Personen unterschiedlichen Alters und teilweise auch mit Vorerkrankungen nehmen daran teil. Die Daten von BioNTech und Moderna stammen bereits aus Phase drei, AstraZeneca hat mit dieser erst begonnen, die Ergebnisse sollen den Studienautoren zufolge noch vor Weihnachten vorliegen. Für endgültige Aussagen über die Wirksamkeit der Impfung sei es daher noch zu früh.
ChAdOx1 basiert nicht auf der neuartigen mRNA-Technologie, aus der bisher kein zugelassener Impfstoff hervorging, sondern nutzt einen Vektor. Diese Methode ist bewährt und kommt etwa bei Impfungen gegen Ebola und das Dengue-Virus zum Einsatz. Dabei dient ein bekanntes Virus wie etwa das Adenovirus, das harmlose Erkältungen verursacht, als Träger (Vektor) von Proteinen jenes Erregers, gegen den der Impfstoff gerichtet ist. Im konkreten Fall besteht also der Impfstoff aus – inaktivierten – Adenoviren, die mit Oberflächeninformationen (Gensequenz) des Coronavirus beladen sind. Benötigt werden die Adenoviren für den Eintritt in die Zellen.
Gegen die eingeschleuste Gensequenz bildet dann das Immunsystem Antikörper, die das Coronavirus nach einer Infektion erkennen und attackieren. Der Vorteil dieser Vektor-basierten Vakzine – etwa im Vergleich zum klassischen Totimpfstoff, bei dem abgetötete Viren injiziert werden – besteht darin, dass sie schneller und günstiger entwickelt werden können.
Auch der im Sommer präsentierte russische Impfstoff Sputnik V, der derzeit in großen Mengen produziert wird und Anfang 2021 verabreicht werden soll, bedient sich dieser Technologie.
400 Millionen Bestellungen
Dass mit AstraZeneca das dritte Unternehmen vor einem Durchbruch zu stehen scheint, nährt die Hoffnungen auf zeitgleiche Zulassungen in den kommenden Monaten, womit Lieferengpässe unwahrscheinlicher werden. Auch auf die Preisgestaltung dürften sich mehrere gleichwertige Impfstoffe auswirken. Wie groß die Sorge vor einem weltweiten Wettlauf um Vakzine ist, zeigt der Umstand, dass die Europäische Kommission bereits im August eine Vereinbarung mit AstraZeneca schloss.
Der Vertrag war der erste, den die Kommission im Namen der Mitgliedstaaten ausgehandelt hat. Der EU werden nach der Zulassung 300 Millionen Dosen zur Verfügung stehen – zuzüglich einer Option auf weitere 100 Millionen. Die Verteilung erfolgt nach der Bevölkerungsgröße. Mittlerweile gibt es auch einen ähnlichen Vertrag mit BioNTech, mit Moderna werden noch Gespräche geführt.