Milliarden sind Milliarden – auch in einer Krise
Das „Koste es, was es wolle“der Regierung sollte dem Land Sicherheit geben. Es weckt jedoch zunehmend Begehrlichkeiten, die gefährlich werden können.
Achtzig Prozent vom Staat. Das scheint seit Ausbruch der Coronapandemie zum neuen Standard zu werden. War das Kurzarbeitsentgelt vor der Krise noch von der konkret gearbeiteten Stundenzahl abhängig, erhält seit März jeder zumindest 80 Prozent – unabhängig davon, wie viel er arbeitet. 80 Prozent vom Vorjahresumsatz erhalten seit Anfang November auch Restaurants oder Friseure, die aufgrund des zweiten Lockdowns geschlossen wurden. Daher war es nicht überraschend, dass auch der Handel ebendiese 80 Prozent forderte, nachdem die Geschäfte ihre Pforten für drei Wochen schließen mussten.
Die Regierung ist auf diese Forderung jedoch nicht eingegangen. Und das zu Recht. Schließlich gibt es einen großen Unterschied zwischen einem Dienstleister, der in seiner Kalkulation viel – nun nicht erbringbare Eigenleistung – in relativ geringen Umsätzen unterbringen muss, und einem Händler, der aufgrund des – nun bei ihm verbleibenden – Wareneinsatzes naturgemäß eher hohe Umsätze erzielt. Da hierzulande, anders als in Deutschland, beim Umsatzersatz andere Förderungen nicht gegengerechnet werden, warnten Ökonomen bereits, dass es zu einer Überförderung kommen könnte.
Das bedeutet natürlich nicht, dass keine staatlichen Hilfen für die unverschuldet in diese Situation gekommenen Unternehmen notwendig sind. Und es ist auch wesentlich sinnvoller, gesunde Firmen und die dazugehörigen Jobs am Leben zu halten, anstatt das gleiche Geld für die Arbeitslosen auszugeben, die durch den Konkurs der Betriebe entstehen würden. Allerdings zeigt sich nach acht Monaten Pandemie nicht nur eine Müdigkeit in der Bevölkerung, sondern parallel dazu auch das konstante Anwachsen von Begehrlichkeiten gegenüber dem Staat. Es solle doch bitte auch diese oder jene Gruppe mit zusätzlichen staatlichen Förderungen gesegnet werden. Ob sich die Staatsverschuldung dabei um ein paar Milliarden weiter nach oben bewegt, sei ohnehin bereits egal.
Doch dem ist nicht so. Denn auch eine in der Krise ausgegebene Milliarde ist eine Milliarde, die die Staatsschulden erhöht und den Gestaltungsspielraum in der Zukunft einschränkt. Und selbst wenn gewisse Streuverluste in der aktuellen Situation logisch sind, haben die Steuerzahler das Recht, dass mit ihrem Geld sorgsam und transparent umgegangen wird. Bei Letzterem sieht es trotz jüngster Verbesserungen aber nach wie vor eher düster aus, konstatierte der Budgetdienst des Parlaments unlängst.
Klar ist, dass die Krise die heimische Verschuldung deutlich nach oben treiben wird. Immerhin stehen die Hilfsmaßnahmen für 50 Milliarden Euro, wie die Regierung im Sommer stolz betonte. Das sind rund 14 Prozent der diesjährigen Wirtschaftsleistung. Da der Staat ursprünglich ein ausgeglichenes Budget geplant hat, dürfte sich der Schuldenberg um ebendiesen Prozentsatz auch erhöhen. Österreich ist mit dieser Entwicklung natürlich nicht allein. Kaum ein Staat, der sich heuer nicht massiv Geld ausborgen muss, um sich gegen die Krise zu stemmen. Und in Ländern wie Italien, das nach wie vor nicht die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2009 verdaut hat, ist die Situation auch wesentlich bedrohlicher als hierzulande.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die jetzige Neuverschuldung Folgen haben wird. Am offensichtlichsten ist, dass die Nullzinspolitik der EZB mit all ihren Auswirkungen auf Aktienund Immobilienmärkte – Stichwort Betongold – weitergehen wird. Sich eine Eigentumswohnung zu erarbeiten wird für viele daher ein Ding der Unmöglichkeit bleiben. Zudem wird es nach Ende der akuten Krise auch zu einer Budgetkonsolidierung kommen müssen. Wie sich die von der Regierung versprochene Senkung der Abgabenquote dabei ausgehen soll, ist mehr als fraglich. Im Gegenteil könnte es sogar zu neuen Belastungen kommen. Und dass sich diese dann wirklich nur auf „Millionäre“beschränken, sei einmal dahingestellt.
So wohltuend die finanziellen Zuwendungen des Staats in der Zeit der Not also auch sein mögen: Die Nachwirkungen werden wir noch spüren, wenn das Kapitel Corona dank einer Impfung bereits lang geschlossen ist.