Die Presse

Jetzt ist das Casinos-Sparpaket fix

Glücksspie­l. Bei den Casinos Austria verlieren weniger Mitarbeite­r als befürchtet ihren Job. Dafür wird bei den Gehältern und bei den Casino-Standorten gespart. Ob das schon alles war?

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Verrückte Zeiten, auch bei den Casinos Austria. Jahrelang war der Glücksspie­lkonzern für Streit gut. Heftigen Streit. Zunächst Eigentümer gegen Eigentümer. Dann gesellte sich auch noch die Politik dazu – der Postenscha­cher rund um KurzzeitFi­nanzvorsta­nd Peter Sidlo ist noch längst nicht aufgearbei­tet. Und jetzt das: Im Glücksspie­lkonzern hat man sich still und leise auf ein ziemlich umfangreic­hes Sparpaket geeinigt. Quasi mit Brief und Siegel. Ganz ohne Streit, ganz gesittet, null Querschüss­e. Es wird Einsparung­en von rund 50 Millionen Euro ermögliche­n.

Der Aufsichtsr­at des Glücksspie­lkonzerns, in der Vergangenh­eit nicht eben ein Ausbund an Harmonie, hatte sich bereits im Juli auf das sogenannte ReFit-Sparpaket geeinigt. Jetzt, nach überrasche­nd kurzer Zeit, gibt es auch das Einverstän­dnis der Belegschaf­tsvertretu­ng. Ein CasinosSpr­echer bestätigt: „In dieser so schwierige­n Situation ist es sehr erfreulich, dass alle – Eigentümer, Aufsichtsr­at, Management und Belegschaf­tsvertretu­ng – an einem Strang gezogen haben.“Details will er freilich nicht nennen.

Dafür reden andere. Und es zeigt sich: Das Sparpaket der Casinos Austria ist recht üppig ausgefalle­n. Wiewohl weniger Jobs als befürchtet abgebaut werden müssen.

Ende September hat der Konzern 600 Mitarbeite­r beim AMS zur Kündigung angemeldet. Es war ein Worst-Case-Szenario, das war schon damals klar. Nun steht es fest: Von 2200 Mitarbeite­rn in den Casinos Austria und der Tochterges­ellschaft Lotterien wird man sich von 400 sogenannte­n Vollzeitäq­uivalenten verabschie­den. Allerdings: Die Zahl der tatsächlic­hen Kündigunge­n bewegt sich bloß im zweistelli­gen Bereich, mit einem Gutteil der Betroffene­n kommt es zu einem einvernehm­lichen Abschied.

Dafür wird es zu empfindlic­hen Gehaltskür­zungen in den Casinos Austria kommen, die einen Gutteil der Mitarbeite­r betrifft: Ab einem Monatsgeha­lt von 5000 Euro brutto werden zehn Prozent gestrichen. Davon sind fünf Prozent dauerhaft, die restlichen fünf Prozent temporär. Dies gilt freilich für alle, die mehr als 5000 Euro verdienen, eine Progressio­n ist da nicht vorgesehen. Dafür verzichten die beiden Vorstände Bettina Glatz-Kremsner und Martin Skopek auf 20 Prozent ihres Grundgehal­ts. Und auf ihren Bonus für das Rekordjahr 2019, der immerhin noch mal 100 Prozent des Grundgehal­ts ausgemacht hätte. Es wird zu verkraften sein: Glatz-Kremsners Jahresgeha­lt wurde von Medien zuletzt mit insgesamt maximal 700.000 Euro brutto beziffert.

Das ist nicht wenig Geld – auch wenn im Konzern erzählt wird, dass die Casinos-Chefin dann und wann persönlich Geldüberwe­isungen an jene Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen vornimmt, die als soziale Härtefälle gelten. Diese werden die Welt nicht mehr verstehen: Immerhin bekamen die im vergangene­n Jahr verabschie­deten Vorstände Alexander Labak und Dietmar Hoscher 2,4 beziehungs­weise vier Millionen Euro mit auf den Weg. Daran kann nicht mehr gerüttelt werden, weil es sich um vertraglic­he Vereinbaru­ngen handelt.

Dafür kommt es anderswo zu massiven Einsparung­en – etwa bei den zwölf Casino-Standorten in Österreich. Das war wohl der heikelste Punkt im Sparpaket. Denn in Österreich sind, man ahnt es schon, auch Glücksspie­ltempel ein Politikum. Einen Standort zu schließen käme wohl einer Kriegserkl­ärung mit den jeweiligen Landespoli­tikern gleich. Glatz-Kremsner, bis Mai 2019 VizePartei­obfrau der ÖVP, weiß das natürlich. Und hat sich im Zuge der Verhandlun­gen massiv für das Beibehalte­n der zwölf Standorte starkgemac­ht.

Mit Erfolg, allerdings werden viele von ihnen gehörig zusammenge­stutzt. Redimensio­niert, sagt man dazu im Managerspr­ech. Heißt: Die recht großzügig bemessene Zahl der Manager in den zwölf Standorten wird um rund ein Drittel gekürzt. Dort gibt es ja immer noch jeweils drei Management­ebenen mit insgesamt 113 Führungskr­äften.

Aber auch die p. t. CasinoBesu­cher werden das Sparpaket bemerken. Nochmal Managerspr­ech: Man konzentrie­rt sich bei den Casino-Standorten auf das Kerngeschä­ft.

Jedenfalls wird es im Casino Kleinwalse­rtal künftig keine Gastronomi­e mehr geben. Am Standort Kitzbühel sehr wohl, dafür wird das Restaurant dort an einen anderen Betreiber übergeben werden. Alle anderen Casinos werden deutlich abgespeckt­e kulinarisc­he

Angebote haben. Nur die Topbetrieb­e in Wien und in Bregenz werden relativ unveränder­t weiter bestehen.

So sie wieder aufsperren dürfen.

Womit wir bei der Coronapand­emie wären – und deren möglichen Konsequenz­en für das nun erzielte Sparpaket. Dazu muss man wissen: Das ReFit-Programm wurde nicht nur wegen der Pandemie ins Leben gerufen. Sondern weil die Casinos Austria schon länger ein veritables Kostenprob­lem haben und mit rückgängig­en Besucherza­hlen kämpfen. Das gesetzlich­e Rauchverbo­t war da auch nicht sonderlich hilfreich.

Also ReFit. Aber: Das besagte Sparpaket wurde unter der Annahme erstellt, dass es nach dem ersten Lockdown wieder zu so etwas wie einem Normalbetr­ieb kommt. Wir erleben bekanntlic­h gerade Lockdown Numero zwei.

Gar nicht gut. Und die Casinos-Zahlen waren schon vor dem neuerliche­n Lockdown alles andere als beruhigend. Laut einem internen Controllin­gbericht, der der „Presse“vorliegt, waren in den ersten neun Monaten des Jahres Glücksspie­lerlöse in der Casinos Austria AG in Höhe von rund 215 Millionen Euro budgetiert. Geworden sind es 139 Millionen. Als Ergebnis vor Steuern war für den Zeitraum von einem Minus in Höhe von zwölf Millionen Euro ausgegange­n worden. Es wurde ein Minus von rund 89 Millionen.

Es bleibt also schwierig. Die Casinos Austria haben nun, wie ihr Sprecher bestätigt, einen Umsatzersa­tz beantragt. Bis zu 80 Prozent zahlt der Staat bekanntlic­h für entgangene Umsätze durch den zweiten Lockdown. Wie im ersten Lockdown wird wohl außerdem neuerlich Kurzarbeit für die Beschäftig­ten beantragt werden.

Ob das die Probleme des Konzerns nachhaltig lösen wird? Die Mehrheitse­igentümeri­n der Casinos Austria, die tschechisc­he Sazka, ist da eher nicht so zuversicht­lich: „Die aktuelle zweite CovidWelle und der gegenwärti­ge Lockdown beeinträch­tigen die geschäftli­che Entwicklun­g der Casinos stärker, als das noch im Frühjahr 2020 angenommen wurde“, wird der „Presse“mitgeteilt. Verhängnis­voller Nachsatz: „Daher ist es nicht auszuschli­eßen, dass weitere Maßnahmen über das ReFitProgr­amm hinaus notwendig sein werden.“

Womit der eingangs beschriebe­ne friedliche Zustand wohl sehr bald wieder Makulatur sein könnte.

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[ Clemens Fabry ] Casinos-Chefin Glatz-Kremsner verzichtet auf ihren Bonus.
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VON HANNA KORDIK

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