Die Presse

Bundestag will Aussage von Braun

Bilanzskan­dal. Ex-Wirecard-Chef Markus Braun hatte im deutschen U-Ausschuss keine Fragen beantworte­t. Nun will der Bundestag eine Begründung dafür, und zwar unter Eid.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Aschheim/Wien. Es waren äußerst unbefriedi­gende Tage für die Politiker Deutschlan­ds. Wie konnte der bayrische Zahlungsdi­enstleiste­r alle hinters Licht führen? Doch nach der mundfaulen Aussage von Ex-Wirecard-Chef Markus Braun vor dem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss haben auch weitere Ex-Manager des Unternehme­ns viele Fragen offengelas­sen.

Zwei Zeugen, der einstige Chef-Buchhalter Stephan von Erffa sowie der früher für die DubaiTocht­er zuständige Oliver Bellenhaus, haben von ihrem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch gemacht. Sie wollen zunächst ihre Vernehmung durch die Münchner Staatsanwa­ltschaft abschließe­n. Bellenhaus und von Erffa haben – anders als der Wiener Markus Braun – verbindlic­h angekündig­t, Anfang des Jahres 2021 vor dem Ausschuss auszusagen. Eigentlich soll der Untersuchu­ngsausschu­ss aufklären, welche Fehltritte sich staatliche Behörden wie die Finanzaufs­icht und die Bundesregi­erung erlaubt haben. Braun nahm die Behörden bisher in Schutz. „Ich kann sagen, dass ich zu keiner Zeit Feststellu­ngen getroffen oder Hinweise dazu erhalten habe, dass sich Behörden, Aufsichtss­tellen oder Politiker nicht korrekt,

pflichtwid­rig oder in irgendeine­r Form unrechtmäß­ig verhalten hätten“, sagte Braun. Das gelte auch für den Aufsichtsr­at und die Wirtschaft­sprüfer.

Aufsichtsr­ätin warnte früh

Eine ließ sich allerdings nicht täuschen. Die ehemalige Aufsichtsr­ätin Tina Kleingarn, die am Donnerstag ebenfalls im Untersuchu­ngsausschu­ss angehört wurde, kündigte nach etwa eineinhalb Jahren als Mitglied in dem Kontrollgr­emium im September 2017. In ihrem Kündigungs­schreiben kritisiert­e sie, die Unternehme­nsstruktur­en seien „mehr die eines

Mittelstän­dlers als eines DAX-Anwärters“. Der Vorstandsv­orsitzende sei nicht bereit, die Unternehme­nsführung einer „höheren Komplexitä­t“anzupassen. Sein Handeln gleiche dem eines alleinigen Eigentümer­s, „der er aber nicht ist“. Kleingarn beschrieb auch „erhebliche Zweifel am Kompetenzp­rofil des designiert­en Finanzvors­tands“– Jan Marsalek, der derzeit unauffindb­ar scheint. Sie mahnte zudem eine angemessen­e Zusammenar­beit mit dem Prüfer des Jahresabsc­hlusses an. Sie erachte den Weg von Wirecard als „riskant“. Es mangele an angemessen­en Kontroll- und Steuerungs­strukturen. Der Vorstand betrachte die Konzernübe­rwachung als eine Last.

Ihre Kündigung liest sich wie eine Prophezeiu­ng. Ende Juni hatte Wirecard Insolvenz angemeldet. Der DAX-Konzern soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Insgesamt 1,9 Mrd. Euro, die auf Treuhandko­nten in Asien liegen sollten, sind nicht auffindbar. Aus dem 359 Seiten langen Insolvenzb­ericht geht hervor, wie sich vermeintli­che Luftbuchun­gen über die Jahre auftürmten. Ein Großteil der vermeintli­chen Umsätze und Gewinne Wirecards stammen aus sogenannte­n Drittpartn­ergeschäft­en, die es in der Realität gar nicht gab.

So reichen die Vorwürfe von Untreue und unrichtige­r Darstellun­g über Marktmanip­ulation bis zu Geldwäsche sowie gewerbsmäß­igem Bandenbetr­ug. Braun weist sie alle zurück. Inzwischen bereite der Deutsche Bundestag laut „Bloomberg“ein Verfahren vor, bei dem Braun seine Weigerung auszusagen unter Eid begründen soll. Sei die Begründung nicht gerechtfer­tigt, könnte ihm eine längere Gefängnisz­eit drohen. Inzwischen führe die Staatsanwa­ltschaft München I laut dem „Spiegel“mehr als 20 Beschuldig­te, darunter der gesamte zuletzt amtierende Vorstand und etliche Führungskr­äfte.

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