Die Presse

Keine Entpolitis­ierung des ORF: Stiftungsr­at Haselstein­er geht

Nach der Dezembersi­tzung wird der Sitz der Neos im Gremium neu vergeben.

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Hans Peter Haselstein­er, seit Mai 2014 Vertreter der Neos im ORF-Stiftungsr­at, ist desillusio­niert: Mit einem entpolitis­ierten ORF wird es wohl nichts mehr, stellte er fest – und hat am Freitag via Aussendung seinen Abschied aus dem obersten ORF-Aufsichtsg­remium angekündig­t. Im Laufe des Dezember will der Industriel­le seinen Sitz abgeben, an der planmäßig für den 3. Dezember anberaumte­n Plenarsitz­ung des Stiftungsr­ats will er aber noch teilnehmen. Wer ihn im Namen der Neos beerben wird, ist noch nicht bekannt. Die Rede ist von einer Medienund Digitalexp­ertin.

Der Grund für Haselstein­ers Rückzug: Er hat eines seiner wichtigste­n Anliegen in Sachen ORF nicht durchgebra­cht. Im Juni 2016 – kurz vor der Wiederwahl von ORFGeneral­direktor Alexander Wrabetz – forderte er im „Presse“-Interview ein ORF-Gesetz, das die Vollmacht des ORF-Generals einschränk­en und den ORF „deutlich unabhängig­er von Parteienei­nfluss“macht. Geschehen allerdings ist nichts. Jetzt stellt Haselstein­er ernüchtert fest, „dass den Vertretern der diversen Freundeskr­eise der Blick auf ihre eigene Macht und parteipoli­tischen Vorteile weit wichtiger ist als der Erfolg des ORF“. Dieser Eindruck habe sich in den vergangene­n Monaten zunehmend verstärkt, heißt es in der Aussendung. „Die Bedeutung des Stiftungsr­ates als strategisc­hes Leit- und Kontrollgr­emium geht heute gegen null.“

Entscheidu­ngen „wie einst Caligula“

In einem Interview mit dem „Standard“sagt Haselstein­er, nicht der Stiftungsr­at entscheide über die Bestellung der ORF-Führung (die kommenden August wieder ansteht), sie liege vielmehr „allein in der Hand des Bundeskanz­lers“. Dieser entscheide über die ORF-Besetzung „wie einst Caligula mit Daumen rauf oder Daumen runter“. Es sei „eine Scheinheil­igkeit“, wenn man so tue, als würde der Stiftungsr­at entscheide­n.

Neos-Vorsitzend­e Beate Meinl-Reisinger kündigte an, man werde zeitnah die Nachfolge Haselstein­ers im Stiftungsr­at regeln – und bei der Nominierun­g „ausschließ­lich an die Zukunft des ORF denken“, wie die Politikeri­n verspricht. (i. w.)

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