Heitere Dystopie als Impfstoff
Buch. Christopher Just legt seinen zweiten, köstlich absurden Mod-Roman vor. Nach Mode, Malerei und Musik ist das Schreiben sein neues Lebensthema.
Christopher Just legt seinen zweiten absurden ModRoman vor.
Ich habe kein tolles Auto, keine Eigentumswohnung, kann mir aber zu essen kaufen, was ich mag. Das reicht mir. Der Tag soll schön sein. Mehr verlange ich nicht.“Christopher Just, der auch in entspannten Momenten auf angenehme Art stylish ist, wirkt wie ein Mensch, der total im Reinen mit sich ist.
Immerhin hat er einiges probiert in seinem nicht gerade monothematischen Leben. Er studierte Textildesign an der Modeschule Hetzendorf, wechselte danach zur Malerei. Dafür studierte er bei Wolfgang Hutter, einem renommierten Vertreter des Fantastischen Realismus. „Mit Parodien auf alte Meister bin ich zu ihm gegangen. Das hat ihm getaugt. Technisch war ich ziemlich gut. Er hat damals gesagt: Just, ich nehme Sie, aber Sie müssen mir versprechen, dass Sie nie mehr Ihren Stil ändern. Ich sagte das zu, was eigentlich ein Wahnsinn war.“
Daran gehalten hat er sich letztlich nicht. In Gerhard Richter fand er, damals in den Achtzigern, einen neuen malerischen Leitstern. Die Bilder, die er in seiner Wohnung hängen hat, sind allesamt von erlesener Verschwommenheit. „Das stimmt wohl. Ich empfinde dann die Bilder als nicht so aufdringlich. Sie sind dann ein bisserl ungreifbar. Das Verwischen des Gerhard Richter, das mag ich unheimlich gern.“
„Ich war ein Donnerbrunnen-Kid“
Die nächste Lebenswende führte zur Musik. Just fuhr jäh auf das damals neu entstandene Genre Techno ab. Gemeinsam mit dem Kollegen Pure gründete der das dynamische Duo Ilsa Gold. „Wir haben bastelbubenlike Sampler, Spielkonsole und Drum-Machines zusammengehängt und schon ging es los.“Vom „Space Jungle“im U4 ging es flugs zur Berliner Mayday und dann in die halbe Welt. „Die ersten Booker tauchten auch bald auf. Es wurde gegambelt und gedealt, sowie die Leute gegeneinander ausgespielt. Mit anderen Worten – es wurde professionell.“
Und damit für Just auch schon wieder fad. Er suchte sich innerhalb der Musik immer wieder neue Herausforderungen. Mit „Sons of Ilsa“demontierte er Ilsa Gold auf listig-lustige Art, mit der Nummer „Disco Dancer“, die auf DJ Hells Label Gigolo rauskam, hatte er einen internationalen Hit, der sogar von Fat Boy Slim remixt worden ist. Dennoch: „Ich sah mich nicht mehr im Club stehen. Schon gar nicht in zehn Jahren. Der alternde DJ ist eine schwierige Figur. Sie gelingt wenigen. Das kann ein bisserl tragisch werden.“
Und so nahm die vorerst letzte Wende ihren Lauf. Just begann zu schreiben. Er ersann die Figur des Moddetektiv, die als Außenstelle für jene Exzentrizitäten fungiert, die sich Just im wirklichen Leben (klugerweise) versagt. „Ich wollte eine Figur haben, die den Style und die Attitüde eines Mod hat, der zum Einzelgänger geworden ist. Die Mods waren ja die letzten Dandys.“
Erfahrungen im Soziotop Mod hatte Just in den frühen Achtzigern in der Wiener Innenstadt gesammelt. „Ja, ich war ein Donnerbrunnen-Kid. Sogar reingeschmissen wurde ich einmal, denn das zählte ja zu den Initiationsritualen der Wiener Mods. Ich war zu jung, um ernst genommen zu werden. Nicht einmal eine Vespa besaß ich damals.“
Jetzt lässt er den Moddetektiv jene Dinge ausleben, die ihm früher versagt geblieben sind. Aber die Idee, von einem Moment auf den anderen einen Roman zu schreiben, die ist wohl eher Punk. Just sieht das auch so. Seinen ersten Moddetektivroman ging er radikal an. Rollos runter, Ablenkung raus. „Ich habe teilweise bis zu 16 Stunden täglich geschrieben. Ich konnte den Tag einfach nicht portionieren. Das war mit Fortdauer problematisch für mein Beziehungsleben. Ich saß da, rauchend, schreibend, mit zerrauften Haaren.“
Seinen eben erschienenen Nachfolgeroman „Der Moddetektiv besiegt Corona“ging er geordneter an. Pure Lust am Machen war es allerdings auch diesmal. Nur dass nicht wieder 900 Seiten zusammengekommen sind, die seiner Verlegerin Vanessa Wieser Stirnrunzeln verursacht haben. Mit der Schriftstellerei kam eine neue Form des Performens. Just liest sehr gern vor Publikum. „In den Sälen und Buchhandlungen ist es ähnlich wie im Club. Da gibt es diesen Moment, wo man merkt, jetzt hat man sein Publikum. Dann kann man locker weitermachen und gemeinsam etwas Schönes erschaffen.“