Wie aus Fockos Fucking Fugging wurde
Wie es zum Hype um das oberösterreichische 100-Seelen-Örtchen kam – und wie das Internet einen Lieblingsort verabschiedet.
Hätte Graf Focko gewusst, wie viel Freude er einfachen Gemütern einmal machen würde! Und wie viel Mühsal den Bewohnern der Siedlung, die er, auch Adalpertus de Fucingin, im 6. Jh. n. Chr. gegründet haben soll. 1070 wurde die Existenz des Dorfs als Vucchingen erstmals dokumentiert, später soll der Ort Fukching, Fugkhing, Fugging und Fuking geheißen haben, bis Fucking, gesprochen Focking, daraus wurde. Aber wen interessiert die Herkunft des Namens eines (heute) gut 100-SeelenDörfchens im Innviertel so genau?
Der Legende nach waren es britische und amerikanische Soldaten, die den Ort nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten und einen Ausflugstourismus zu den Ortsschildern starteten. Zuvor soll in Fucking niemand gewusst haben, welche Bedeutung ihr Ortsname auch hat. Über die Jahre kamen immer wieder Touristen vorbei, meist Briten, die Fuckinger fanden das lustig, irgendjemand versuchte, daraus ein Geschäft zu machen, mit „I love Fucking in Austria“-Shirts.
Bis der Hype kam und der Spaß verging. In den vergangenen zehn, 15 Jahren, erzählt man im Ort, wurde die Situation unerträglich. Eine Umbenennung in Fugging war länger in Diskussion. 2012 scheiterte eine Initiative dazu. Eine Befragung ergab, dass die Tarsdorfer (zu der Gemeinde gehört der Ort), die nahe den Fucking-Schildern wohnen, eine Umbenennung wollten, dem Rest war der Aufwand wegen der paar Spaßvögel zu groß.
Aber seither hat sich viel getan. Kurt Palms Buch „Bad Fucking“wurde verfilmt, eine Brauerei vermarktet ein Bier namens „Fucking Hell“, das Dorf war Teil einer Amazon-Serie über eine Tour zu Orten ähnlicher Namen (Wedding, Petting etc.), Pornhub nutzte den Ort für eine Werbeaktion. Mit YouTube-Videos und Social-Media-Fotos wurde der Hype zum Selbstläufer – und für die Anrainer zum Mühsal: Scherzanrufe, gestohlene Schilder, busweise betrunkene Touristen, sogar Pornovideos sollen vor dem Ortsschild gedreht worden sein.
„Die Leute haben sich wahnsinnig aufgeregt. Das ist doch nicht in Ordnung, was die aufführen. Ja, haben die denn keine Arbeit oder sonst nichts zu tun?“, kommentiert eine Anrainerin das Treiben. Nun reichte es den Bewohnern mehrheitlich. Der Gemeinderatsbeschluss steht: Ab Jänner heißt Fucking Fugging. Seit das bekannt wurde, nimmt das Internet mit einem Witzereigen und weltweiten Berichten Abschied von einem Lieblingsort – und bis zur Demontage der alten (einbetonierten, verschweißten) Schilder werden dort wohl noch ein paar Fotos gemacht. Viele bedauern den Verlust. „Als Fucking hatte der Ort globale Aufmerksamkeit, sorgte weltweit für Schmunzeln. Als Fugging wird es zur humorlosen Landpomeranze“, kommentiert etwa Medienwissenschaftler Martin Zimper auf Twitter. Aber kein Grund zu verzagen. Das Internet ist voll der Listen lustiger Ortsnamen. Und vielleicht nutzen ja Oberfucking oder Unterfucking (Bezirk Schärding) nun ihre Chance.
„Das ist ned in Ordnung, was die da aufführen. Ja, haben die sonst nichts zu tun?“