Die Presse

„Viel Potenzial liegt in Primärvers­orgungszen­tren“

Betreuung. ÖGKObmann Andreas Huss setzt zur Versorgung von Diabetiker­n unter anderem auf Diabetesze­ntren nach dänischem Vorbild und auf Primärvers­orgung.

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Rund 800.000 Diabetiker gibt es Schätzunge­n zufolge in Österreich. Doch nur 80.000 von ihnen befinden sich in einem strukturie­rten Betreuungs­programm. Die große Herausford­erung ist, diese Zahl zu steigern. Eines Ihrer Ziele ist, mehr Diabetiker strukturie­rt zu betreuen. Wie wollen Sie das erreichen?

Huss: Wir haben große Unterschie­de bei der Betreuung, auch im niedergela­ssenen Bereich. Sehr gute Ergebnisse bringt etwa das Disease Management Programm „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“. Damit werden chronisch Kranke einerseits intensiver betreut, anderersei­ts werden sie stärker in den Behandlung­sprozess eingebunde­n. Aber es gibt nach wie vor zu wenig Ärzte, die dabei mitmachen, das ist etwas, was ich nicht verstehe. Eine weitere Möglichkei­t sind eigene Diabetesze­ntren, wie es sie in Dänemark gibt. Dazu wollen wir ein Pilotproje­kt in Wien eröffnen, unterstütz­end zum niedergela­ssenen Bereich, um Diabetiker gut zu begleiten. Wird bei jemandem Diabetes festgestel­lt, wird er dort ambulant geschult, um seinen Lebensstil zu verändern, und gegebenenf­alls in Zusammenar­beit mit dem Hausarzt medikament­ös eingestell­t. Danach wird er in die Obhut des Hausarztes entlassen, der ihn jedoch bei Bedarf jederzeit wieder in das Zentrum schicken kann, einmal im Jahr steht ein Kontrollte­rmin an. Das Projekt hat zwei Vorteile: Zum einen werden die Betroffene­n gut betreut, zum anderen kann man Daten über den Verlauf, die Behandlung etc. generieren. Denn mit Daten schaut es schlecht aus. Welche Rolle könnten die Primärvers­orgungszen­tren bei der Betreuung von Diabetiker­n spielen?

Huss: In diesen liegt ebenfalls viel Potenzial. Wenn dort Wundcarema­nager, spezialisi­erte Pflegekräf­te oder Diätologen beraten, wäre das ebenfalls eine große Hilfe. Und die Telemedizi­n?

Huss: Die würde sich optimal eignen, um kurzfristi­g und niederschw­ellig den Kontakt zum Arzt herzustell­en. Derzeit schauen wir, wo sie auch auf Dauer Sinn macht, beispielsw­eise bei der direkten und laufenden Übermittlu­ng der Blutzucker­werte. Man könnte die Patienten damit aber auch zu gesunder Ernährung und Bewegung motivieren. Wobei das im Sinne der Prävention generell ein Thema sein sollte, je früher, desto besser. Diabetes, und wie man sie vermeiden kann, sollte daher bereits im Kindergart­en und in der Schule, aber auch in der betrieblic­hen Gesundheit­svorsorge und in Gemeinden ein Thema sein.

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[ GBH ] ÖGK-Obmann Andreas Huss.

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