Vorsicht! Lassen Sie die Elche nicht an Ihrem Wagen lecken!
In Alberta müsste man sein, weit weg von den Hotspots der Corona-Ratgeber-Kolumnen und dem dritten Lockdown. Der Run aufs Salz geht für Beteiligte häufig tödlich aus.
Die Großwild-Forscher der BioAbteilung des Gegengifts waren unlängst eingeschnappt: Warum werde so wenig über Elche geschrieben? Im hoffentlich bald friedlich zu Ende gehenden Jahr 2020 hätten die Viren-Experten unter uns bisher 666 Kolumnen über Covid rausgeschleudert. In all der Zeit sei keine einzige über Alces alces erschienen.
Wir halten das zum Teil für unglaubwürdig. Gefühlt wurden inzwischen allein in Wien Zehntausende Meinungen über die Coronapest publiziert. Bei den Elchen aber dürfte hier in Erdberg sogar die Dunkelziffer Null stimmen. Irgendwann gab es zwar diesen Elchtest, eine harte Prüfung für neu auf den Markt geworfene Autos. Doch die nordische Schikane, durch die unförmige Kleinwagen aus der Bahn geraten, muss im vorigen Jahrhundert erdacht worden sein.
Wie gerufen kam also eine interessante Meldung aus Kanada, dem Dorado für Alces alces und Ursus maritimus, die sogar auf Twitter viral wurde. In Alberta, der westlichsten Prärie-Provinz, warnen die Hüter des Jasper-Nationalparks Besucher via digitalem Straßenschild: „Do not let moose lick your car!“Warum, um alles in der Welt, sollte man sie nicht am Personenkraftwagen schlecken lassen? Hat das vielleicht auch etwas mit tückischen Viren zu tun? Sind kanadische Elche so gefährlich wie dänische Nerze und übertragen gar mit ihrem Speichel schwere Krankheiten? Müssen auch sie nun gekeult werden?
Unsere Naturalisten wollten eben in tiefe Melancholie verfallen, als eine Story in „The New York Times“die Lösung des Rätsel brachte. Den Tieren geht es nur um das Salz, das von der winterlichen Fahrbahn aufgewirbelt wird und sich auf dem Auto festsetzt. Sie brauchen Salz, dafür gibt es auch tief im Wald entsprechende Lecksteine. Warum aber die Mühe auf sich nehmen, nach ihnen zu suchen, wenn es doch viel bequemer ist, sich als Wegelagerer zu betätigen?
Diese neue Angewohnheit kann jedoch gefährlich sein für Vieh und Mensch, besonders im Winter, in der Nacht und der Wildnis. Die größte Hirschart wird bis zu 800 Kilogramm schwer. Gerät so ein hochgewachsener Autostopper vor die Räder, ist seine Anatomie ideal dafür, dass er hochgeschleudert wird und durch die Windschutzscheibe tief in den Fahrgastraum fliegt. Da hilft kein Airbag, keine Gesichtsmaske und kein Gurt. Der Run aufs Salz geht für Beteiligte häufig tödlich aus. Ein Sprecher des Parks rät dazu, die Elche auf „Leckdistanz“zu halten. Wir nehmen an, auf zumindest eine Baby-Elch-Länge.
Demnächst in dieser fast keimfreien Home-Office-Kolumne: Wer sind die größten Kritiker der Elche? Und wie gefährlich ist der schwedische Brauch, Christbäume aus dem Fenster zu werfen? Wer profitiert davon?