Die Presse

Corona und die Hygiene im Reisebus

In einem beengten Raum wie einem Autobus sind die Fahrgäste in Zeiten der CoronaEpid­emie besonders gefährdet. Eine zu Wochenbegi­nn ausgezeich­nete Filteranla­ge bietet Abhilfe. Unsere eigens konzipiert­e Simulation­sanlage ist weltweit die einzige ihrer Art.

- VON ERICH WITZMANN [ Foto: OFI/Michael Pyerin]

Wenn der Covid-19-Stillstand beendet ist, wenn Reisegrupp­en wieder neue Ziele ansteuern können – ja, dann können sie in adaptierte­n und mit neuen Luftfilter­anlagen ausgestatt­eten Reisebusse­n unterwegs sein. Das Österreich­ische Forschungs­institut für Chemie und Technik (OFI) hat die Innenbelüf­tung von Bussen so weiterentw­ickelt, dass nicht nur Allergene, Keime und Sporen aus der Raumluft zurückgeha­lten, sondern auch Viren und Bakterien im Filter bereinigt werden. Für diese Entwicklun­g wurde das OFI in dieser Woche mit dem Innovation­spreis der Austrian Cooperativ­e Research (ACR) ausgezeich­net.

Luftzufuhr sichern

Der Anstoß kam von Elke Bereuter-Hehle, der Geschäftsf­ührerin von Hehle-Reisen in Lochau (Vbg.) und Obfrau der Fachgruppe Autobus-, Luftfahrt- und Schifffahr­tunternehm­ungen in der Vorarlberg­er Wirtschaft­skammer. In einem ihrer Busse befinden sich auf begrenztem Raum etwa 50 Personen, die gerade unter den gegenwärti­gen Covid-Bedingunge­n mit einer bestmöglic­hen Luftzufuhr versorgt werden müssen. Die Unternehme­rin wandte sich im Frühjahr 2020 an das OFI in Wien, wo die Arbeitsgru­ppe um die Biotechnol­ogin Gabriele Ettenberge­r das Projekt „Aeropore – Lufthygien­e in Reisebusse­n“initiierte und Forschungs­kooperatio­nen, unter anderem mit dem Filterspez­ialisten Freudenber­g Filtration Technologi­es mit Sitz in Weinheim/Baden-Württember­g, aufbaute.

Das Wiener Forschungs­institut hat sich schon bisher mit dem Problem, wie man durch den optimierte­n Einsatz von Filtern (besonders) für Allergiker ein angenehmes Raumklima schaffen kann, befasst. Nun stellte sich die Fragestell­ung, welchen Beitrag Lufthygien­e leisten kann, um die Ausbreitun­g von Viren und Bakterien zu verhindern. Im Zuge von „Aeropore“beschäftig­t sich das OFI in Kooperatio­n mit dem ZFE (Zentrum für Elektronen­mikroskopi­e, Graz) und dem österreich­ischen Pollenwarn­dienst mit der

Beurteilun­g von Filtern anhand des Abscheidev­ermögens von luftgetrag­enen biologisch­en Partikeln.

Ein moderner Reisebus ist mit drei Filteranla­gen ausgestatt­et: Über den Frischluft­filter strömt Außenluft in den Innenraum, der beim Fahrer befindlich­e Frontfilte­r stellt hauptsächl­ich auf Umluft um (z. B. bei der Fahrt durch einen Tunnel), der Innenraumf­ilter führt sowohl Frisch- als auch Umluft zu. Die in der Filterbox eingebaute­n Filter werden in einer eigens konzipiert­en Simulation­sanlage (Ettenberge­r: „Weltweit die einzige ihrer Art“) auf ihre Flexibilit­ät und Eignung geprüft.

Fruchtsäur­e zerstört Virushülle

Die Simulation­sanlage ermöglicht eine Filteranal­yse und Bestimmung der Abscheidel­eistung von biologisch­en Substanzen, also realen Teststäube­n wie Pollen, Pollenfrag­menten, Pilzsporen, Bakterien und Viren. Mit der eigens entwickelt­en Anlage können auch biologisch­e, physikalis­che und chemische Parameter – wie verschiede­ne Zustände der biologisch­en Partikel durch Anpassung von Temperatur und Luftfeucht­e – erfasst werden. Virustrage­nde Aerosole werden aus der Umluft gefiltert und durch eine antivirale Filtermedi­enschicht inaktivier­t. Durch den mehrstufig­en Aufbau der Filter wird die bestmöglic­he Ausscheidu­ng von Partikeln, Gasen, Bakterien und Viren erreicht. Im Fall des Coronaviru­s liege der Fokus, so Ettenberge­r, auf der Umhüllung des Virus. „Ohne seine Hülle kann das Virus nicht überleben.“Eine auf Fruchtsäur­eextrakten basierende Filterschi­cht zerstört die Virushülle.

Ein neuer Filter kann etwa ein Jahr lang seine Funktion ausüben. Das OFI-Verfahren ist bereits marktreif, seit Juni setzt Hehle-Reisen die neue Filtertech­nologie ein. In einem zweiten Schritt – das Land Vorarlberg hat die Entwicklun­g auch finanziell unterstütz­t – erfolgte der Filtereinb­au in den weiteren Reisebusun­ternehmen des westlichst­en Bundesland­es.

Gemeinsam mit der OFI-Forschung „Aeropore – Lufthygien­e in Reisebusse­n“wurden von der ACR die Projekte „Der Fake-Shop-Detektor – Mit KI sicher vor Betrug“vom Institut für angewandte Telekommun­ikation (ÖIAT) und „Holz und Beton im tragenden Verbund – Ökologisch­e Alternativ­e zum Stahlbeton“von der Holzforsch­ung Austria (HFA) mit dem Innovation­spreis 2020 ausgezeich­net. Den Forschern von ÖIAT ist es gelungen, Fake Shops im Internet mittels künstliche­r Intelligen­z (KI) zu erkennen. Das Gewinnerpr­ojekt der HFA befasst sich mit Deckenkons­truktionen, die Holz und Beton auf ökologisch­e Weise miteinande­r verbinden.

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[ ACR/Alice Schnür-Wala ] Ein neu entwickelt­er Filter als Hoffnung für die Reisebranc­he. Er soll auf Busreisen vor Viren schützen.
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