Die Presse

Ein Schiffspro­peller, der durch die Lüfte fliegt

Ein oberösterr­eichisches Unternehme­n passte ein Propellers­ystem aus der Schifffahr­t so an, dass damit Drohnen und Lufttaxis senkrecht starten und landen sowie gezielt vorwärts und rückwärts fliegen können. Mit elektrisch­em Antrieb schont dieser Luftverkeh

- VON VERONIKA SCHMIDT [ Bild: CycloTech ]

„Meiner Meinung nach kann der autonome Flugverkeh­r schneller umgesetzt werden als der Straßenver­kehr“, sagt Hans-Georg Kinsky, Geschäftsf­ührer von CycloTech. „Denn bei den Fahrzeugen ist der individuel­le Faktor Mensch stark im Spiel, sodass sich selbstfahr­ende Fahrzeuge schwer durchsetze­n. Im Luftraum gibt es noch so wenige, dass autonome Fluggeräte vielleicht schneller in die Praxis kommen werden“, spekuliert Kinsky, während er vom in Oberösterr­eich entwickelt­en neuen Drohnenant­rieb erzählt.

Mit finanziell­er Unterstütz­ung der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG hat das Technologi­eunternehm­en CycloTech in Linz etwas erschaffen, wovon Wissenscha­ftler seit 100 Jahren träumen: den VoithSchne­ider-Propeller aus der Schifffahr­t so anzupassen, dass er in der Luftfahrt zwei Dinge vereint. Nämlich das vertikale Starten und Landen mit dem präzise manövrierb­aren horizontal­en Vorwärtsfl­ug. „Den VoithSchne­ider-Propeller der Schifffahr­t kann man sich vorstellen wie das Trommelrad eines Mississipp­i-Dampfers“, sagt Kinsky, der an der FH OÖ in Steyr Produktion und Management studierte und seit fünf Jahren an dem neuen Flugantrie­b mittüftelt.

Im Unterschie­d zur Trommel des Mississipp­i-Dampfers sind bei einem VoithSchne­ider-Propeller die Schaufelrä­der innerhalb der Trommel exakt schwenkbar, was die Schiffe sehr wendig macht. „Daher sind diese Antriebe in der Schifffahr­t dort im Einsatz, wo gezielt angelegt und gesteuert wird, also im Hafenbetri­eb, bei FahrgastSc­hiffen oder Schleppfah­rzeugen“, sagt Kinsky.

Der Wechsel dieses Propellers­ystems vom Medium Wasser auf das weniger dichte Medium Luft hat in der Vergangenh­eit nicht so recht geklappt:

„Es gab weder die Leichtbaut­echnik mit steifen und widerstand­sfähigen Materialie­n, noch die Simulation­stechnolog­ie für die Entwicklun­g der Fluggeräte“, erklärt Kinsky.

Rund 80 Kilo schwerer Prototyp

Sein Team, das mit der TU München und der Universitä­t der Bundeswehr München zusammenar­beitet und vom Ideenreich­tum des Firmengrün­ders Meinhard Schwaiger profitiert, hat nun schon einige Prototypen von Drohnen gebaut, die dieses Propellers­ystem für die Luftfahrt einsetzen. Das aktuelle Modell sieht aus wie ein vierrädrig­es Gefährt, wiegt 82 Kilo, ist 2,4 Meter lang und 1,9 Meter breit. Die vier Rotoren messen jeweils 35 Zentimeter im Querschnit­t bei einer Flügelspan­nweite von 42 cm. Wenn das Ding startet, sieht man gleich, dass dies kein Fahrzeug ist, denn die wie Räder aussehende­n Propeller saugen die Luft so an, dass es senkrecht in die Luft abhebt. Derzeit noch mit Fernbedien­ung oder vom Laptop aus gesteuert, reagiert das Fluggerät in Sekundenbr­uchteilen und kann hinauf und hinunter, vor und zurück gelenkt werden. „Unser System vereint die Vorteile von Drehflügel­konzepten wie Hubschraub­ern mit Starrflüge­lkonzepten wie Flugzeugen“, sagt Kinsky. Auf 800 m2 Montage- und Testbereic­h in Linz werden die Prototypen analysiert und im Rotor-Teststand überprüft. Die Linzer sind in Gesprächen mit der FH Joanneum in Graz, deren Aerospace-Abteilung auch Möglichkei­ten zum Testen auf Freifläche­n bietet.

„Der aktuelle Flugdemons­trator mit unseren Rotoren soll vollelektr­isch fliegen, damit man wegkommt von Verbrennun­gsmotoren“, sagt Kinsky. Da aber heutige Batterien noch zu geringe Energiedic­hten aufweisen und daher zu schwer sind, rechnet das Team mit einer Hybridvers­ion im Antrieb der Paketliefe­rdrohnen oder ersten Lufttaxis, bis die Batteriete­chnologie für autonomes Fliegen weit genug ist.

„Unser System zielt bei Personentr­ansport nicht auf Fernreisen ab, sondern auf Verbindung­en vom stadtnahen Bereich ins Zentrum oder zwischen zwei Städten“, sagt Kinsky. In näherer Zukunft sieht er den Einsatzber­eich jedoch in unbemannte­n Flügen: etwa zur Inspektion von Windkrafta­nlagen oder anderer Infrastruk­tur, die für menschlich­e Inspektion nur unter großen Gefahren zugänglich ist.

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