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Die Gesundheitsplattform Praevenire drängt auf eine Systemreform zum Wohle der Patienten. Mit einem Weißbuch wurde die Basis für konkretes Handeln gelegt.
Der Mai 2019 ist die Geburtsstunde des bisher größten Thinktank für den österreichischen Gesundheitssektor. „Gesundheit 2030“ist das Motto der Initiative, die von der interessensunabhängigen Plattform Praevenire ins Leben gerufen wurde. Versammelt haben sich dabei mehr als 500 Experten, die sich gemeinsam für eine Reform des Gesundheitswesens stark machen, um bis spätestens 2030 eine Gesundheitsversorgung auf dem höchstmöglichen Niveau zu erhalten und zu verbessern – für jeden Menschen, unabhängig von sozioökonomischen Hintergründen. Als eines der wesentlichsten Ziele wurde von Praevenire ausgerufen, Lösungen für die zahlreichen Herausforderungen zu erdenken, die den Übergang vom Status quo einer Reparaturmedizin zur Zukunftsvision einer Präventionsmedizin ermöglichen. Im Fokus sollen dabei immer die Perspektive und das Wohl der Patienten stehen.
Weißbuch präsentiert
Auf der Basis eines monatelangen intensiven Dialogs mit nationalen wie internationalen Top-Fachleuten des Gesundheitswesens wurde im Zuge dieses 2019 gestarteten Prozesses das Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung“im September 2020 fertiggestellt. In 15 Kapiteln zu den wesentlichsten Themenkreisen der Gesundheit sowie im Zusatzkapitel „Corona-Learnings“umfasst es konkrete Anregungen und Vorschläge für Verbesserungen, die sich als Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger verstehen.
Öffentlich vorgestellt wurde das Weißbuch erstmals im Rahmen der 5. Praevenire Gesundheitstage, bei der von 12. bis 16. Oktober 2020 im Stift Seitenstetten in Niederösterreich hochkarätige Speaker aus dem In- und Ausland zu Gast waren. Begrüßt und verabschiedet wurden sie und das Auditorium von Praevenire-Präsident Hans Jörg Schelling, der in der Abschlussrede der Gesundheitstage, die coronabedingt erstmals als Hybridveranstaltung abgehalten und per Livestream übertragen wurden, ein „Resümee 2020“zog und zugleich einen Ausblick in die Zukunft wagte.
Wegweiser in die Zukunft
„Als wir im Mai 2019 begonnen haben, essenzielle Themen zu sammeln und Experten in zahlreichen Gipfel- und Arbeitsgesprächen an einen Tisch zu bringen, war es unser Ziel, einen Wegweiser in die Zukunft zu verankern“, so Schelling, der im Rückblick von vielen Jahrzehnten spricht, in denen Analysen, Studien, Konzepte und Verbesserungsvorschläge für das heimische Gesundheitssystem zwar erarbeitet, aber nur selten umgesetzt wurden. Eine lange erhoffte ganzheitliche Reform sei immer wieder aufgrund des Kompetenzdschungels von Bund, Ländern und Sozialversicherung sowie der völlig undurchsichtigen Finanzströme gescheitert.
„Daher haben wir mit der Praevenire-Initiative Gesundheit 2030 einen neuen Anlauf unternommen. Wir haben bei der Erstellung des Weißbuches sowohl Gemeinsamkeiten bei den Fachmeinungen als auch Dissenspositionen eruiert und uns dabei stets von zwei Grundsätzen leiten lassen: Zum einen, dass der Mensch und seine Gesundheitsversorgung im Mittelpunkt stehen müssen, und zum anderen, dass wir Vorschläge liefern wollen, die konkrete Umsetzungen ermöglichen“, erläutert Schelling, der sich mit dem bis dato Erreichten zufrieden zeigt. „Ich kann sagen: Das Weißbuch wirkt. Es wirkt, weil wir es unter anderem geschafft haben, es an die politischen Entscheidungsträger heranzubringen.“
Politik am Ball
So wurde das Weißbuch bereits Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Landeshauptmann Wilfried Haslauer, präsentiert. Letzterer betonte, dass hiermit ein wichtiges Signal gesetzt wurde, „das gute und umsetzbare Denkansätze für Bund und Länder enthält und zeigt, wie ein zukunftsorientiertes Gesundheitssystem aussehen kann.“Auch eine Stellungnahme von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka stimmt den Praevenire-Präsidenten zuversichtlich: „Er hat mir zugesagt, dass er in Bezug auf jene Themenkreise, bei denen der Gesetzgeber aktiv werden muss – also beispielsweise im Bereich der Digitalmedizin und der Regelungen für Teleordination –, Initiativen setzen wird, damit dies im Parlament rasch behandelt werden kann.“
Dies zeigt, dass das Weißbuch dabei ist, seine Funktion zu erfüllen, konkrete Umsetzungen zu befördern. Und es belegt laut Schelling, dass es richtig war, im vorgelegten Werk nicht auf einer Metaebene zu philosophieren, sondern auf pragmatische Expertenvorschläge zu setzen, die sich auch realisieren lassen.
Mitten im Prozess
Laut Schelling haben die zahlreichen Vorträge und Diskussionsrunden bei den Praevenire Gesundheitstagen in Seitenstetten gezeigt, dass Medizin und Gesundheit nicht singulär betrachtet werden können: „Das Spektrum der Themen auf dem Weg zu einem optimierten Gesundheitssystem ist unheimlich breit. Wenn wir von der Reparatur- zur Präventionsmedizin kommen wollen, dann sind davon alle denkbaren gesellschaftlichen Bereiche berührt. Das reicht vom Kindergarten über die Schule bis hin zur privaten Eigenverantwortung und der Schaffung von Rahmenbedingungen für die notwendigen Fortschritte auf dem medizinischen und pharmazeutischen Gebiet.“Wichtig sei der ganzheitliche Ansatz, wie er von Praevenire im Weißbuch und bei den Gesundheitstagen vertreten wird. Und klar ist, dass sämtliche Entwicklungen in allen Richtungen gefördert werden müssen, finanziell wie menschlich, um am Ende des Tages ein Gesundheitssystem zu haben, das State of the Art ist. „State of the Art bedeutet, dass wir Patienten versprechen können, ihnen immer die bestmögliche Behandlung am letzten Stand der Wissenschaft zukommen zu lassen“, betont Schelling den patientenfokussierten Ansatz.
Das Weißbuch und die Gesundheitstage haben dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet, weil die Ergebnisse der Diskussionen rund um essenzielle Themen der Versorgung dazu führen, dass die politischen Entscheidungsträger nun „Expertenmaterial zum Handeln“in der Hand haben. „Wir haben gemeinsam das solide Fundament geschaffen. Jetzt heißt es, die Vorschläge umzusetzen“, fordert Schelling, der von einem fortlaufenden Prozess spricht: „Wir sind nicht am Ende, wir sind mittendrin. Neue Erkenntnisse der Forschung fließen laufend in neue Modelle ein. Wir sind mitten in der Zukunft.“
„Patienten haben das Recht auf die bestmögliche Behandlung am letzten Stand der Wissenschaft.“Hans Jörg Schelling Praevenire-Präsident