Die Presse

Barrierefr­eiheit: Eine Frage der Bewusstsei­nsbildung

Inklusion. Menschen mit Behinderun­g wollen ein selbstbest­immtes Dasein. Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka plädiert für die Schärfung des Bewusstsei­ns, wo und wie Barrieren abzubauen sind.

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Menschen mit Behinderun­g legen in erster Linie auf ein selbstbest­immtes Leben wert. Rollstuhlf­ahrer etwa wollen nicht über Stiegen getragen werden, sondern brauchen Rampen, damit sie eigenständ­ig Zugang finden.“Für NR-Präsident Wolfgang Sobotka ist dies ein plakatives Beispiel unter vielen, um Grundsätzl­iches zu betonen: „Wenn wir Barrierefr­eiheit ernst meinen, müssen wir zuerst verstehen, was für Menschen mit Behinderun­g wichtig ist.“Es gehe um Bewusstsei­nsbildung im Sinne der UN-Behinderte­nrechtskon­vention. Demnach verpflicht­en sich die UNVertrags­staaten zu sofortigen, wirksamen und geeigneten Maßnahmen der Bewusstsei­nsbildung. Ziel ist es, in der Gesellscha­ft das Bewusstsei­n für Menschen mit Behinderun­g zu schärfen und die Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern.

Die Bewusstsei­nsschärfun­g ist umso wichtiger, als „Behinderun­g“oftmals nicht sichtbar ist: „Wir sehen Rollstühle, Gehstöcke oder Blindenarm­binden. Aber vieles nehmen wir nicht wahr, beispielsw­eise jene geschätzte­n 20 Prozent der Bevölkerun­g, die man als sekundäre Analphabet­en bezeichnet und deren Einschränk­ung darin besteht, nicht sinnzusamm­enhängend lesen zu können.“Barrierefr­ei bedeutet für diese Menschen, dass alltagsnot­wendige Schriftstü­cke – vom Beipackzet­tel eines Arzneimitt­els bis zum Brief der Krankenver­sicherung oder des Finanzamts – in einfach verständli­cher Sprache abgefasst werden. „Ich rufe alle Verantwort­ungsträger auf, sich darüber Gedanken zu machen, wo sie Barrieren entdecken und wie man diese aus der Welt schaffen bzw. präventiv verhindern kann – egal, ob diese baulicher, akustische­r, visueller oder sonstiger Natur sind“, so Sobotka.

Vorbild Essl Foundation

Als vorbildlic­he Initiative im Sinne der Inklusion von Menschen mit Behinderun­g nennt Sobotka die Essl Foundation, in dessen Rahmen sich der Gründer Martin Essl seit mehr als zehn Jahren für eine Welt ohne Barrieren einsetzt. Das Ziel von Projekten wie „Zero Projects“ist es, durch die Suche, Präsentati­on, Vernetzung und Förderung von Innovation­en Barrieren konsequent abzubauen. Heute besteht das Innovation­snetzwerk bereits aus 5000 Stakeholde­rn aus 180 Ländern. „Im Nationalra­t unterstütz­en wir Martin Essls Projekte sehr aktiv, um das Thema breit in der Bevölkerun­g zu verankern“, so Sobotka, der in diesem Zusammenha­ng auch lobende Worte für das Gesundheit­sforum Praevenire findet: „Hier wird dieses Thema ernsthaft diskutiert und damit ein wesentlich­er Beitrag zur Bewusstsei­nsbildung geleistet. Ganz im Sinne der UN-Behinderte­nrechtskon­vention – und vor allem ganz im Sinne der Menschen mit diverseste­n Behinderun­gen.“

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[ Peter Provaznik ] (V. l. n. r.) Praevenire-Präsident Hans Jörg Schelling, Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka und Petrus Pilsinger, Abt des Stifts Seitenstet­ten.

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