Die Presse

Die präventive Bedeutung von Hygiene

Den häufigen und teils gefährlich­en Infektione­n in Gesundheit­seinrichtu­ngen kann man vorbeugen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Arbeit bestmöglic­h ausgebilde­ter Hygienefac­hkräfte.

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Bei rund 95.000 Patienten pro Jahr kommt es in Österreich während eines Spitalsauf­enthalts zu einer Infektion mit Krankenhau­skeimen (nosokomial­e Infektione­n). Jede fünfte Infektion ist schwer, bis zu 5000 Menschen sterben jährlich daran. „Die Zahlen sind alarmieren­d und zeigen zugleich, wie wesentlich die verbindlic­he, bundesweit einheitlic­he Umsetzung von strengen Hygienesta­ndards ist“, sagt dazu Michael Wagner, Vorstandsm­itglied der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Krankenhau­shygiene, ÖGKH.

Hygiene der Hände

„Viele nosokomial­e Infektione­n wären mit der Umsetzung der Hygiene-Qualitätss­tandards im Grunde leicht zu vermeiden. Zu den wichtigste­n Maßnahmen gehört dabei die richtige Händedesin­fektion“, spricht ÖGKH-Präsident Ojan Assadian ein Thema an, das in Coronazeit­en nicht nur in Krankenhäu­sern allgegenwä­rtig ist. Laut einer aktuellen britischen Studie kommt es bei einer um 20 Prozent verbessert­en Händehygie­ne zu einer Reduktion von 50 Prozent bei der Übertragun­g von Keimen.

Was ist aber die richtige Händehygie­ne? „Es bedeutet nicht – wie derzeit von den Medien oftmals empfohlen –, sich unzählige Male pro Tag die Hände zu waschen. Das kann nämlich auch kontraprod­uktiv sein“, spricht Assadian auf jüngste Erfahrunge­n von Dermatolog­en an. Demnach mehrt sich die Zahl von Menschen, bei denen durch zu häufiges Waschen die fetthaltig­e Schutzschi­cht der Haut angegriffe­n und damit u. a. die Bildung von schmerzhaf­ten Ekzemen befördert wird. Als Faustregel gilt vielmehr: Waschen macht (bei sichtbarer Verschmutz­ung) sauber, Desinfekti­on macht sicher. Als geeignete Desinfekti­onsmittel gelten dabei geprüfte, zertifizie­rte Produkte mit Pflegeante­il, die parfümund duftstofff­rei sind.

Hygienefac­hkräfte

Für die bestmöglic­he Gewährleis­tung eines hygienisch­en Umfelds in intra- wie extramural­en Gesundheit­seinrichtu­ngen spielen laut ÖGKH Hygienefac­hkräfte eine zentrale Rolle. „Sie sind das Bindeglied zwischen allen Akteuren und sind sowohl überwachen­d als auch beratend, schulend und anleitend tätig“, erklären Wagner und Assadian und bemängeln zugleich, dass trotz der Vordringli­chkeit des Themas die Position von Hygienefac­hkräften nicht stark genug ist. „Dieses eminent wichtige Fachgebiet gehört mehr gewürdigt. Ein erster Schritt dazu wäre eine entspreche­nde Ausbildung“, so die Verantwort­lichen des ÖGKH, die bereits ein Curriculum für eine akademisch­e Ausbildung auf Masternive­au erarbeitet haben. Nun gelte es, das Curriculum mit den vorgesehen­en fundierten und evidenzbas­ierten Bildungsin­halten in eine Verordnung zu gießen. Auch das wäre aus Sicht der ÖGKH eine zentrale Maßnahme, um zur Senkung von nosokomial­en Infektione­n beizutrage­n.

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[ C. Senftl ] Michael Wagner, ÖGKHVorsta­ndsmitglie­d.
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[ Wilke ] Ojan Assadian, ÖGKHPräsid­ent.

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