Präzisionsmedizin in der Onkologie
Kommentar von Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht der AGES & Chair of the Management Board der EMA.
Die Wissenschaft kennt mittlerweile über 250 Krebsarten. Seit 1995 wurden 118 neue Krebstherapien in Europa zugelassen, 79 davon sind zielgerichtete Therapien und fallen damit unter den Begriff „Personalisierte Medizin“.
Herausforderung bis 2022
Zulassungsbehörden werden dadurch vor neue Herausforderungen gestellt: Es geht nicht länger nur um ein Arzneimittel, sondern um die Kombination aus modernsten Arzneimitteln und Diagnostika. Damit stellt die „Personalisierte Medizin“uns als Regulator, aber auch den Gesetzgeber vor Herausforderungen. Die bis dato getrennten Rahmenbedingungen von Medizinprodukten (MDR/IVDR) und Arzneimitteln (Zulassungsverfahren) müssen zusammengebracht werden. Das ist eine unserer aktuellen Herausforderungen bis zum Mai 2022.
Eine weitere wesentliche Umstellung für Zulassungsbehörden ist, dass Arzneimittel bisher für eine klinische Indikationsstellung zugelassen wurden. Nun bewegen wir uns aber verstärkt hin zu einer molekularen Indikationsstellung, die wiederum abhängig von den Ergebnissen der Diagnostika ist. Bei der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur, englisch European Medicines Agency) ist daher auch eine Arbeitsgruppe – unter österreichischer Leitung – eingerichtet worden, die sich mit dieser Thematik beschäftigt.
Datenvernetzung & Diskurs
Durch immer bessere und genauere diagnostische Verfahren werden Krebsformen zudem als immer heterogener erkannt. Dadurch werden die Samples für wissenschaftliche Analysen kleiner und die Notwendigkeit weit und gut vernetzter Daten nimmt zu. Gerade durch diesen Umstand kommen bei der Personalisierten Medizin Real World Data eine immer größere Bedeutung zu. Zentral wird sein, diese Daten aus dem klinischen Alltag auch in Europa für Wissenschaft und Zulassungsverfahren einsetzen zu können, um nicht hinter die USA und China zurückzufallen. Der Gesundheitstage-Programmblock zur Personalisierten Medizin bzw. Präzisionsmedizin in der Onkologie hat diese und weitere zentrale Facetten der Thematik diskutiert. Ein offener Austausch über Herausforderungen, aber auch Chancen, ist sowohl für Österreich als auch für Europa wichtig und muss gefördert werden.