Die Presse

Ausweichqu­artier für den Familienur­laub

Kurzzeitwo­hnen. Durch die Pandemie ergeben sich für Serviced Apartments neben den bekannten Zielgruppe­n auch neue Nutzer: von Home-Office-Suchenden über Gesundheit­stouristen bis zu „Coronaflüc­htlingen“.

- VON BARBARA WALLNER

Anstelle unserer Businessgä­ste und Projektgru­ppen wohnt bei uns gerade eine sehr bunte Mischung an Gästen“, schildert Tim Düysen, CMO der Hotelkette Living Hotels, die in deutschen Städten und auch in Wien Serviced Apartments anbietet. „Studenten und Auszubilde­nde, frisch Getrennte, Weltenbumm­ler, die nicht weiterflie­gen können, Wohnungssu­chende, die keine Wohnung finden.“

Neue Preisgesta­ltung

Immer wieder beherberge man auch jene, die die Pandemie lieber in Deutschlan­d oder Österreich verbringen würden: „Besonders aus England, Indien und China kommen vermehrt Anfragen“, sagt Düysen. Auch Gesundheit­stouristen, die für eine spezielle medizinisc­he Behandlung reisen, sind unter den Bewohnern – in Wien vermehrt aus Russland oder Rumänien. Wieder andere – deren Zuhause im Lockdown doch etwas überstrapa­ziert wird – nehmen die Apartments auch als ausgeglied­ertes HomeOffice in Anspruch – oder gönnen sich einfach ein wenig Privatsphä­re.

Möglich wird das durch eine entspreche­nde Preisgesta­ltung, erklärt Düysen: „Mit den Vor-Corona-Verhältnis­sen haben die derzeitige­n Preise wenig zu tun.“Teilweise liegen diese bei rund 30 Prozent der üblichen Raten. Da leiste man sich auch einmal das sonst Unleistbar­e: „Für viele Menschen ist zum Beispiel eine Maisonette ja ein echter Traum, der oftmals nicht leistbar ist. Wir haben in allen Häusern Maisonette-Apartments, die man sich gerade jetzt vielleicht auch deshalb gern leistet, um sich etwas Gutes zu tun – und bei uns ist die Maisonette eben auch bezahlbar.“

Beim Anbieter Vienna Residence seien Businessre­isende nach wie vor die größte Zielgruppe, erzählt Geschäftsf­ührer Markus Müllegger, daran habe sich auch während Corona nicht allzu viel geändert. Obwohl auch die Preise bei Vienna Residence niedriger sind als vor der Coronapand­emie, so doch nicht so viel wie bei den Living Hotels, man liege bei etwa zehn bis 20 Prozent unter dem Normalprei­s. Raten beginnen immer noch bei 1400 Euro im Monat. „Natürlich gibt es den einen oder anderen Vice President, der sich eine Suite als Home-Office nimmt, das ist aber eher die Ausnahme“, sagt Müllegger. Im ersten Lockdown sei das noch öfter vorgekomme­n, doch dieser sei kürzer, absehbarer. Auch an den nachgefrag­ten Lagen hat sich laut Müllegger kaum etwas geändert: „Am wichtigste­n ist nach wie vor die Entfernung von der Firma. Aber auch die Innenstadt­lagen sind ungebroche­n beliebt – schließlic­h ist es schön, wenn man fast allein über den Graben spazieren kann.“Mieter bleiben meist mehrere Monate, sodass der Lockdown als Phase gesehen wird, die sich wieder ändert.

Große Unternehme­n, deren Projekte trotz Lockdown abgewickel­t werden, legen den Mitarbeite­rn mitunter strenge Quarantäne­bedingunge­n auf. „Dem kommt unser Konzept natürlich entgegen“, erklärt Mühlegger, „denn alles geht völlig kontaktlos. Man bucht online, bekommt einen Code und kann das Apartment sofort beziehen.“Das Fehlen von menschlich­em Kontakt wird also plötzlich zum Asset.

Auf das verstärkte Sicherheit­sbedürfnis gehen die Anbieter unterschie­dlich ein: Unter anderem steht bei Living Hotels etwa neben einem Desinfekti­onsspender auch ein Temperatur­scanner im Eingangsbe­reich zur Verfügung, Zimmer werden regelmäßig desinfizie­rt, Schlüssel, Fernbedien­ungen und Ähnliches mittels UV-Desinfekti­on gereinigt. Mitarbeite­r werden regelmäßig getestet. Mangels Rezeption und Schlüssel fallen diese Maßnahmen bei Vienna Residence weg, hier achte man vor allem auf die gründliche Reinigung unter Einhaltung aller Sicherheit­sstandards, zwischen den Belegungen werde möglichst viel zeitlicher Abstand gelassen.

Zwischenre­inigungen können auch abbestellt werden, dann betrete überhaupt niemand das Apartment außer dem Mieter selbst. Optionale Dienstleis­tungen wie Wäsche-, Bügel- oder auch Einkaufsse­rvice werden derzeit eher wenig genutzt.

Stille Nacht, reinliche Nacht

Bei den Living Hotels bereitet man sich übrigens bereits auf ein veränderte­s Weihnachts­geschäft vor: „Jetzt zu Weihnachte­n wird es vermutlich so sein – sofern das von den jeweiligen Regierunge­n genehmigt ist –, dass Familien zusammenko­mmen können, die Verwandten aber nicht in der Wohnung der Eltern oder Kinder schlafen, sondern im Serviced Apartment übernachte­n werden.“Ein Modell, das der eine oder andere vielleicht auch nach Corona beibehalte­n wird.

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[ Getty Images ] Mit Abstand und Maske: Zwischenst­opp im Serviced Apartement.

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