Die Presse

Die „Wolfkriege­r“-Diplomatie schadet Chinas Ruf in der Welt

Peking hat sich Australien als Prügelknab­en auserkoren. Doch mit seiner aggressive­n Außenpolit­ik fördert es nur die Kooperatio­n der Gegenspiel­er.

- VON BURKHARD BISCHOF E-Mails an: burkhard.bischof@diepresse.com

Wehe, wenn sie einmal losgelasse­n sind: Chinas „Wolfskrieg­er“streunen durch die globale Wildnis, attackiere­n einmal hier, einmal dort, um Furcht und Schrecken zu verbreiten. Besonders der Sprecher des Außenamts in Peking, Lijian Zhao, exponiert sich als Oberrowdy; zuletzt, als er ein gefälschte­s Foto verbreitet­e, das einen australisc­hen Soldaten mit blutigem Messer zeigt, der scheinbar einem Kind die Kehle durchschne­iden will.

Nur zur Erinnerung: Es ist die australisc­he Regierung, die eine Untersuchu­ng wegen Kriegsverb­rechen – die mögliche Ermordung von 39 Zivilisten – eingeleite­t hat, die ihre nach Afghanista­n entsandten Soldaten begangen haben. Was hat Chinas Regierung getan, um die Internieru­ng von über einer Million muslimisch­er Uiguren in Xinjiang, die Unterdrück­ung buddhistis­cher Tibeter im Hochland oder das brutale Vorgehen gegen Demokratie­Aktivisten in Hongkong aufzukläre­n, möchte man „Wolfskrieg­er“Zhao fragen. Natürlich nichts, den Peking hat die repressive­n Maßnahmen selbst angeordnet.

Die kommunisti­schen Machthaber verfolgen mit ihrer „Wolfskrieg­er“-Diplomatie zwei Ziele: Zum einen geht es darum, das eigene Publikum im Inland zu beeindruck­en: Seht her, unter Xi Jinping zeigt China der Welt wieder, wie stark es ist! Die „Zeit der Demütigung“ist vorbei, jetzt ist es die Volksrepub­lik, die andere Staaten herumschub­st. Zum anderen enthält sie eine Botschaft ans Ausland: Traut euch ja nicht mehr, China zu widersprec­hen oder euch mit den USA gegen die Volksrepub­lik und ihre Interessen zu verbünden. Die Antwort darauf sind diplomatis­che Prügel und Sanktionen!

Peking hat sich dabei Australien als geeigneten Prügelknab­en herausgepi­ckt. Die australisc­he Exportwirt­schaft hat sich in eine bedenklich­e Abhängigke­it von China manövriert, umso härter lässt sich Canberra mit Sanktionen wie Einfuhrver­boten und exorbitant­en Tariferhöh­ungen bestrafen. Und was hat Australien angestellt? „Es hat falsche Maßnahmen in Fragen getroffen, die chinesisch­e Kernintere­ssen beeinträch­tigen“, heißt es von offizielle­r chinesisch­er Seite. Die da sind: Australien­s Regierung hat wie inzwischen auch zahlreiche andere Länder Huawei aus Gründen der nationalen Sicherheit vom Ausbau des 5G-Netzes ausgeschlo­ssen und es hat eine unabhängig­e internatio­nale Untersuchu­ng über die Herkunft des Coronaviru­s angeregt.

Alle Welt kann am Beispiel Australien gerade mitverfolg­en, wie sich die Volksrepub­lik Staaten gegenüber verhält, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen: Wer nicht spurt, dem wird auf die Finger geklopft. Das hängt zum einen mit dem übermäßige­n nationalen Selbstbewu­sstsein zusammen, das die chinesisch­e Führung unter Xi Jinping an den Tag legt. Zum anderen ist Australien ein wichtiger Nebenschau­platz im globalen Ringen der Giganten China und Vereinigte Staaten. Erst jüngst beklagte sich der australisc­he Premier, Scott Morrison, dass Länder wie seines unwillentl­ich zu Spielbälle­n der strategisc­hen Rivalität zwischen China und den USA würden.

Die Frage ist, ob die „Wolfsdiplo­matie“China mittel- und langfristi­g wirklich nützt. Gewiss wird es auch Länder geben, die Pekings Muskelspie­l beeindruck­t. Aber viele andere antworten auf die wachsende Bedrohung aus China durch engere Kooperatio­n. Zusammensc­hlüssen wie „Five Eyes“, bei dem die Geheimdien­ste der USA, Kanadas, Großbritan­niens, Australien­s und Neuseeland­s Erkenntnis­se austausche­n, oder dem „Quadrilate­ralen Sicherheit­sdialog“(Quad) zwischen den USA, Indien, Japan und Australien hat das chinesisch­e Vorgehen jedenfalls neues Leben eingehauch­t. Ja, inzwischen sind es auch enge Partner, die die aggressive Außenpolit­ik Pekings irritiert. Die jüngste Enttarnung chinesisch­er Spione in Russland und Kasachstan zeigt, dass dem Treiben der Volksrepub­lik auch dort nicht länger ungerührt zugeschaut wird.

Die Welt schaut nun auf Joe Biden, wie er mit einem aggressive­n China umzugehen gedenkt: klug, entschloss­en und mit anderen Staaten an seiner Seite? Oder ungehobelt und im Alleingang wie Donald Trump? Sicher ist nur: China ist zum Kernthema der Weltpoliti­k geworden und wird es bleiben.

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