Die Presse

EU-Parlament debattiert Recht auf Unerreichb­arkeit

Home-Office. Durch Corona wurde die telefonisc­he Erreichbar­keit daheim zur Normalität. EU-Abgeordnet­e wollen dem Grenzen setzen.

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Wien/Brüssel. Einige Länder haben es bereits eingeführt. Allen voran Frankreich, aber auch Belgien, Italien und Spanien haben ihren Bürgern das Recht auf Unerreichb­arkeit eingeräumt. Es bedeutet, dass Arbeitnehm­er nicht automatisc­h in ihrer Freizeit auf Anfragen oder Aufforderu­ngen von Vorgesetzt­en oder diensthabe­nden Kollegen reagieren müssen. Am Dienstag debattiert­e das EUParlamen­t eine europaweit­e Regelung dazu.

Das Thema hat durch die Pandemie an Brisanz gewonnen. Durch Corona sind die Arbeit daheim und die Verfügbark­eit abseits des Arbeitspla­tzes zur Normalität geworden. Arbeiteten vor der Coronakris­e im Durchschni­tt fünf Prozent der EU-Arbeitnehm­er zumindest teilweise daheim, so sind es derzeit 44,6 Prozent (Österreich: 46,9). Deshalb starteten die EU-Abgeordnet­en im Ausschuss für Beschäftig­ung und soziale Angelegenh­eiten (EMPL) eine Initiative, dieser Entwicklun­g hin zu einer ständigen Erreichbar­keit per Handy, E-Mail oder Nachrichte­nplattform­en entgegenzu­wirken.

„In der Coronakris­e ist der Druck auf mehr Flexibilit­ät gestiegen. Aus Identifika­tion mit ihrem Betrieb ist das auch von vielen Arbeitnehm­ern so akzeptiert worden. Aber das darf nicht zur Normalität werden“, sagte die österreich­ische EU-Abgeordnet­e Evelyn Regner (SPÖ) im Gespräch mit der „Presse“. „Die Digitalisi­erung soll letztlich weniger, nicht mehr Arbeit bringen.“Sobald Arbeitszei­t und Freizeit nicht mehr getrennt werden könnten, habe das negative Auswirkung­en auf die Gesundheit und würde die mentale Belastung der Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er erhöhen, ist Regner überzeugt. Der Bericht des Ausschusse­s fordert eine Gesetzesin­itiative der EU-Kommission. Über diese Aufforderu­ng wird spätestens im Jänner vom Plenum des Europäisch­en Parlaments abgestimmt. (wb)

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