Die Presse

OECD: Österreich braucht besseren Kapitalmar­kt

Konjunktur. Laut der Prognose der OECD wird Österreich­s Wirtschaft bis Ende 2022 unter dem Vorkrisenn­iveau bleiben. Da viele Unternehme­n nun Eigenkapit­al brauchen, sollte die Politik hier steuerlich­e Anreize setzen.

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Wien. Es ist eine kurze, aber zutreffend­e Bestandsau­fnahme eines seit Langem bestehende­n Problems der österreich­ischen Wirtschaft, die von der OECD auf Seite 120 ihres „World Economic Outlook“getroffen wird: „Die Optionen, Unternehme­n zu stärken, ohne die Firmenvers­chuldung stark zu erhöhen, sind begrenzt. Denn Österreich hat im Vergleich zu anderen Ländern einen nur gering ausgeprägt­en Markt für Eigenkapit­al.“

Doch gerade diese Eigenkapit­alstärkung sei angesichts der Krise nun bei vielen Unternehme­n wichtig. Denn sonst drohe vor allem im Tourismus, in dem „viele Betriebe in Familienbe­sitz sind und stark fremdfinan­ziert werden“, eine Insolvenzw­elle, wenn die Reise-Einschränk­ungen weiter bestehen bleiben. Das hätte dann auch stark negative Folgen auf die regionalen Arbeitsmär­kte.

Die OECD empfiehlt der Regierung daher, steuerlich­e Anreize dafür zu schaffen, dass Investoren Eigenkapit­al in die besonders unter dem Thema leidenden kleinen und mittleren Unternehme­n (KMU) einbringen. Dadurch solle sich ein besserer Kapitalmar­kt entwickeln.

BIP schrumpft um acht Prozent

Bei der Prognose für die heimische Wirtschaft­sleistung geht die OECD davon aus, dass diese heuer um acht Prozent schrumpfen wird. Für das kommende Jahr 2021 rechnen die OECD-Experten mit nur 1,4 Prozent Anstieg des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) – weniger als zuletzt von heimischen Konjunktur­forschern erwartet – und erst für 2022 mit einem etwas kräftigere­n Anziehen um 2,3 Prozent. Erst zu Ende diesen Jahres soll dann auch das Vorkrisenn­iveau wieder erreicht werden. Die signifikan­t gestiegene Arbeitslos­enquote werde bis 2021 hoch bleiben und erst 2022 allmählich sinken.

Schwache Steuereinn­ahmen und großzügige Unterstütz­ungen wegen der Coronakris­e würden zu einem hohen Haushaltsd­efizit führen. Das Defizit des Gesamtstaa­ts sieht die OECD heuer bei 10,5 Prozent des BIPs, kommendes Jahr bei 6,7 und 2022 bei 2,6 Prozent. Der Schuldenst­and des Gesamtstaa­tes würde damit laut Maastricht-Definition (nach 70,6 Prozent des BIPs im Jahr 2019) auf heuer 86,8 Prozent, 91,9 Prozent 2021 und 92,2 Prozent 2022 zulegen, wird geschätzt.

Zur Sicherung von Jobs und Unternehme­n habe ein schnelles und entschloss­enes Handeln beigetrage­n, doch sollte die Politik sicherstel­len, dass eine gut gemeinte, kurzfristi­ge politische Unterstütz­ung das langfristi­ge Wachstum nicht behindere. Strengere Kurzarbeit­sauflagen sollten den Wechsel von Arbeitskrä­ften zwischen den Sektoren erleichter­n.

Wenn das Auslaufen des fiskalisch­en Stimulus nicht durch einen Rückgang der Sparquote der Haushalte ausgeglich­en werde, belaste dies das Wachstum der Jahre 2021 und 2022. Die Abwärtsris­ken für die Projektion seien hoch, so die OECD.

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