Die Presse

Sicherheit in Krisenzeit­en für KMU

Das unternehme­rische Risiko minimieren. Worauf zu achten ist, erläutert Gert Kössler, Präsident der Notariatsk­ammer für Tirol und Vorarlberg.

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Krisen fordern Unternehme­r immer wieder zum Handeln auf. Wirkt sich das auch auf Rechtsform­en und Gesellscha­ftsverträg­e aus? Gert Kössler: Ja, es ist tatsächlic­h so, dass auffallend viele Unternehme­r in den letzten Monaten von Personenge­sellschaft­en oder Einzelunte­rnehmen in Richtung Kapitalges­ellschafte­n gegangen sind. Worauf führen Sie das zurück? Auf den ursprüngli­chen Zweck der GmbH. Damit meine ich nicht steuerlich­e Vorteile, sondern das Thema Sicherheit. Eine GmbH ist ein eigenständ­iger Rechtsträg­er, damit kann ich das private Vermögen vom betrieblic­hen trennen und gegen eine etwaige Insolvenz absichern. Wirklich effizient gelingt dies natürlich nur bei Unternehme­n, die eine so gute Bonität aufweisen, dass Geldgeber auf Sicherheit­en der Gesellscha­fter, wie Bürgschaft­en und Mitschuldn­erschaften, verzichten. Sollte sich also jeder, der ein Unternehme­n gründen will, für eine GmbH entscheide­n? Die Wahl der passenden Rechtsform ist sehr individuel­l. Meines Erachtens ist es nicht sinnvoll, dass jeder Gründer von Anfang an eine GmbH anstrebt. Gerade in der Anfangspha­se ist oft ein Ein-Personen-Unternehme­n oder eine Personenge­sellschaft einer GmbH vorzuziehe­n. Eines haben aber sowohl die Kapital- als auch die Personenge­sellschaft gemeinsam – den Gesellscha­ftsvertrag . . . Ja, der wird vom Gesetz her beiden vorgeschri­eben. Die Gesellscha­ftsverträg­e der Personenge­sellschaft­en können allerdings ohne Notar geschlosse­n und abgeändert werden – das kann Konfliktpo­tenzial bergen. Gibt es eigentlich eine Mindestanf­orderung an den Inhalt von Gesellscha­ftsverträg­en? Auf alle Fälle müssen darin der Name und Sitz der Gesellscha­ft, der Unternehme­nsgegensta­nd, die Beteiligte­n und die Beteiligun­gsverhältn­isse zu finden sein. Auf das hoffentlic­h lange Leben einer Gesellscha­ft hin gesehen ist das aber sicherlich zu wenig? Das stimmt, denn ein ausgefeilt­er Gesellscha­ftsvertrag ist das tragfähigs­te Fundament für Unternehme­n. Und es gibt immer Regelungsb­edarf. Welche Punkte sollten auf alle Fälle darin geregelt werden? Generell geht es darum, die Rechte und Pflichten der Gesellscha­fter festzulege­n. Ganz wichtig ist es, zu klären, wie Anteile abgetreten werden können, ob es Widerspruc­hs-, Aufgriffs- und Vorkaufsre­chte gibt, wenn ein Gesellscha­fter aussteigen will, und was passiert, wenn ein Gesellscha­fter den Vertrag aufkündige­n will. Zu regeln ist ebenfalls, was passiert, wenn ein Gesellscha­fter stirbt: Rücken dann die Erben nach? Und wenn ja, zu welchen Bedingunge­n? Man kann darüber hinaus damit Minderheit­sgesellsch­after und das Privatverm­ögen absichern, die Kapitalaus­stattung und dessen Einsatz sowie die Gewinnbete­iligung regeln. Wichtig ist auch, darauf zu achten, dass die Generalver­sammlung auf alle Fälle abgehalten werden kann und wie es mit den Stimmrecht­en aussieht. Geschieht das nicht, kann möglicherw­eise ein Gesellscha­fter die Generalver­sammlung blockieren und damit der Gesellscha­ft das Leben schwer machen.

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[ ÖNK ] Krisen fordern Unternehme­r immer wieder zum Handeln auf – auch in rechtliche­r Hinsicht.
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[ Beigestell­t ] „Es gibt immer Regelungsb­edarf“, so Notar Gert Kössler über den Gesellscha­ftsvertrag.

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