An Andrej Babiˇs bleibt nichts kleben
Subventionsmissbrauch. Die Kommission stellt erneut fest, dass Tschechiens Regierungschef politischen Einfluss auf EU-Fördervergabe nimmt. Folgen hat das nicht.
Brüssel. Die Ermittlungen der Europäischen Kommission und des EU-Antibetrugsamtes Olaf im Fall Babisˇ sind bereits im vierten Jahr, doch ein Abschluss ist nicht zu sehen. Andrej Babis,ˇ der Ministerpräsident und zweitreichste Mann Tschechiens, kommt weiterhin ungeschoren aus der Affäre, obwohl die Kommission nun bereits zum zweiten Mal festgestellt hat, dass er steuern kann, wer in seinem Land EU-Subventionen bekommt – und dass dieser Umstand einen verbotenen Interessenkonflikt aufwirft, weil Babisˇ entgegen seinen Behauptungen weiterhin zwei Unternehmen kontrolliert, die Millionen aus dem Unionshaushalt bekommen haben.
Rund 250 Seiten dick ist die neueste Analyse der Affäre, die im Herbst 2017 mit einer Prüfung der Vergaben von Kohäsions- und Agrarförderungen an zwei Unternehmen begann, die zu Babis’ˇ Mischkonzern Agrofert gehören.
„Wegen seiner Funktionen ist er aktiv in die Umsetzung des EUBudgets in der Tschechischen Republik involviert“, heißt es in dem Papier, das tschechischen Medien und dem Onlinemagazin „Politico“zugespielt wurde. „Herr Babisˇ brach (und tut es weiterhin) das Gesetz gegen Interessenkonflikte“, hält der vertrauliche Bericht der Kommission weiters fest.
Politisch brisanter Fall
Dieses tschechische Gesetz besagt, dass Unternehmen keine staatlichen Förderungen erhalten dürfen, wenn mehr als 25 Prozent von ihnen einem öffentlichen Amtsinhaber beziehungsweise politischen Mandatar gehören. Babisˇ verweist zwar stets darauf, Agrofert Anfang 2017 an zwei eigens zu diesem Zweck gegründete Stiftungen übertragen zu haben. Darum habe er keine Kontrolle mehr über Agrofert. Weder Olaf noch die Kommission sind von diesem Argument überzeugt, denn die Stiftungen werden von einem langjährigen Freund kontrolliert. Fazit des Berichts über Babis:ˇ „Die unparteiische und objektive Ausübung“seiner staatlichen Funktionen als Regierungschef sei „dahingehend kompromittiert worden, dass er in Entscheidungen eingebunden war, welche potenziell die Interessen der Agrofert-Gruppe betreffen“.
Die Causa wird von der Kommission mit überschaubarer Urgenz vorangetrieben. Auf Anfrage der „Presse“hieß es von einer Sprecherin von Budgetkommissar Johannes Hahn, Tschechien habe drei Monate Zeit, auf dieses Dokument der Kommission zu antworten, das am 22. Oktober auf Englisch nach Prag geschickt worden sei. Allerdings müsse erst die tschechische Übersetzung davon vorliegen, was weitere zwei Monate dauern dürfte.
Vor Mai 2021 wird sich somit nichts tun. Dieser Fristenlauf kommt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zupass. Sie möchte es vermeiden, nach Polen und Ungarn eine weitere Front im Streit um Rechtsstaat und EU-Budget zu eröffnen.