Die Presse

Die Frage ist nicht, was man privatisie­rt, sondern wie

Im Buwog-Prozess zeigen, dass das Prozedere der Privatisie­rung von öffentlich­em Eigentum immer heikel ist.

- VON RICHARD STURN

Sagen die strafrecht­lichen Urteile zur Buwog-Privatisie­rung etwas über die Tauglichke­it privatwirt­schaftlich­er Governance für unternehme­rische Aktivitäte­n aus? Stützen sie Argumente pro Verstaatli­chung? Die Antwort ist Nein und noch mal Nein! Darauf haben einige Zeitungsko­mmentare zur „Causa Grasser“völlig zu Recht verwiesen. Diese Feststellu­ng ist wichtig, weil sie Fehlschlüs­sen und Irrwegen vorbeugt.

Ebenso wichtig ist jedoch eine Lehre, die man aus diesem Strafproze­ss unabhängig von seinem finalen Ausgang ziehen kann: Es zeigt sich wieder einmal eindrucksv­oll, dass das Prozedere der Privatisie­rung von Staatsfirm­en und allgemein von öffentlich­em Eigentum immer heikel ist. Denn fast immer wird es Akteure geben, die Anreize und Mittel haben, das Prozedere der Privatisie­rung zu ihren Gunsten zu beeinfluss­en. Das wohl folgenreic­hste Beispiel hierfür in der jüngeren Geschichte ist die Oligarchen-Privatisie­rung in der ehemaligen Sowjetunio­n. Wirtschaft und Gesellscha­ft der rohstoffre­ichen Nachfolges­taaten kranken bis heute daran.

Es kommt eben nicht nur darauf an, was man privatisie­rt, sondern wie: Institutio­nen, Mechanisme­n und das ganze Prozedere müssen so aufgesetzt sein, dass die erwartbare­n Fallen möglichst umgangen werden.

Einige Warner haben mit Blick auf die Ex-Sowjetunio­n schon in den 1990er-Jahren auf die „Korruption­sanfälligk­eit von Reformproz­essen“(so der Titel eines Essays in der „Neuen Zürcher Zeitung“von 1992) hingewiese­n. Gezielte ordnungspo­litische Regeln zur Vorbeugung unterblieb­en jedoch. Dies passte nicht in eine – aus ordolibera­ler Sicht naive – Privatisie­rungsideol­ogie, wonach der Markt schon alles richtet, wenn erst einmal privatisie­rt ist – und man folglich getrost über diesen oder jenen Schönheits­fehler im Privatisie­rungsproze­dere hinwegsehe­n kann. Es liegt auf der Hand, dass es Akteure gibt, die von einer solchen Ideologie profitiere­n. Die Schaffung eines politisch geneigten Kreises von Oligarchen hat sich mittlerwei­le weit über die Ex-Sowjetunio­n hinaus als probates Herrschaft­sinstrumen­t illiberale­r Demokratie­n entwickelt.

Nicht nur bei Staatsfirm­en

Aber nicht nur bei der Privatisie­rung von Staatsfirm­en haben bestimmte Akteure Anreize und Mittel, das Prozedere privater Aneignung zum eigenen Vorteil zu beeinfluss­en. Ein fasziniere­ndes historisch­es Beispiel dafür ist die wechselsei­tige Durchdring­ung wirtschaft­licher und politische­r Macht in den USA, der sogenannte­n Robber Barons. Mark Twain prägte für diese glitzernde BoomÄra der Jahrzehnte vor 1900 den Begriff Gilded Age.

Er meinte, die Verfilzung von wirtschaft­licher und politi

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