Viel spricht für Gold, aber nicht alles
Edelmetalle. Mit dem Ende der Coronakrise dürften Edelmetalle wieder stärker nachgefragt werden. Preisanstiege sind sehr wahrscheinlich. Die Commerzbank sieht aber ein paar Risken.
Wien. War es das? Im August hatte der Goldpreis ein nominelles Rekordhoch bei 2075 Dollar je Feinunze erreicht. Danach ging es bergab, der Preis fiel zeitweise unter 1900 Dollar. Im November verzeichnete Gold den stärksten Monatsrückgang seit vier Jahren, wie aus einem Ausblick der Commerzbank hervorgeht. „Wesentlicher Katalysator waren Hoffnungen, dass mit der Bereitstellung von Impfstoffen die Coronapandemie im Verlauf von 2021 eingedämmt werden und damit eine allgemeine Rückkehr zur Realität erfolgen kann“, erklären die Autoren.
Schmucknachfrage hinkt nach
Der Bullenmarkt ist ihrer Meinung nach noch nicht zu Ende, denn ein wesentlicher Faktor, die ultra-expansive Geld- und Fiskalpolitik, bleibe. Heuer habe die Investmentnachfrage nach Gold die Schmucknachfrage übertroffen, was eher selten der Fall sei. Vor allem Gold-ETFs (Fonds, die mit Gold unterlegt sind) haben sich zuletzt hoher Nachfrage erfreut.
Die Investmentnachfrage sollte 2021 robust bleiben, die Schmucknachfrage aber steigen. Sie war heuer vor allem in Indien und China sehr schwach. Gründe sind die Coronapandemie und die hohen lokalen Preise. Die Erholung der chinesischen Wirtschaft spreche für eine Belebung der Schmucknachfrage, in Indien habe sich angesichts zahlreicher verschobener
Hochzeiten ein „beträchtliches Nachholpotenzial“aufgebaut.
Auch die Zentralbanken, die sich heuer mit Goldkäufen stark zurückgehalten haben, dürften wieder mehr kaufen. Denn ihre Dollaranleihen werfen kaum noch positive Renditen ab, europäische Papiere rentieren sogar real negativ. Die Folge: Der Goldpreis dürfte wieder anziehen. Zum Jahresende 2021 rechnen die Commerzbank-Experten mit einem Preis von 2100 Dollar – also einem neuen Rekordhoch in Dollar.
Der Silberpreis hat sich heuer noch besser entwickelt als der Goldpreis. Zwar waren Angebot und Nachfrage bei physischem Silber gering (Minen standen teilweise still, die Industrienachfrage dürfte um neun Prozent sinken). Hingegen waren Münzen, Barren und ETFs heiß begehrt. Nächstes Jahr dürfte die Investmentnachfrage ein wenig abkühlen, die Minen dürften etwas mehr Silber produzieren – beides wirkt sich dämpfend auf den Preis aus. Dafür sollte die Industrienachfrage anspringen. Wenn der künftige US-Präsident Joe Biden den Ausbau der Solarenergie vorantreibe, dürfte das Silber nützen. Allzu viel sollte man sich davon aber auch nicht erwarten, da der Silbereinsatz pro Solarmodul in den vergangenen zehn Jahren reduziert worden sei.
In Summe überwiegen die Argumente für einen steigenden Silberpreis, die Commerzbank-Experten rechnen mit einem Anstieg von derzeit 26 auf 28 Dollar je Feinunze bis Ende 2021.
Auch für Jupiter-AM-Fondsmanager Ned Naylor-Leyland hat
Silber Nachholbedarf: „Wenn 2020 das Jahr des Goldes war, dürfte 2021 das Jahr werden, in dem Silber aufholt“, schreibt er in einem Marktausblick. Rund die Hälfte der Silbernachfrage stamme aus der Industrie. Silber werde in Solarpaneelen eingesetzt, in Batterien oder als antimikrobielles Element in der Medizintechnik. Dadurch nehme der Bedarf zu. Ein Green New Deal würde für zusätzliche Nachfrageimpulse sorgen. „Wir glauben, dass die doppelte Funktion von Silber als technologische Komponente und monetäres Wertaufbewahrungsmittel an den Märkten 2021 stärker in den Fokus rücken wird“, glaubt Naylor-Leyland.
Was macht die Autoindustrie?
Die Commerzbank rechnet auch mit Preisanstiegen für Platin und Palladium. Das Platinangebot leide an massiven Produktionsausfällen in Südafrika, diese könnten allerdings behoben werden. Die Nachfrage aus der Autoindustrie (Platin wird für Katalysatoren benötigt) könnte wieder anspringen. Hier sei aber die Frage, ob die Hersteller nicht gleich viel stärker auf Alternativen zum Verbrennungsmotor umsatteln. Das wäre dann wieder nicht gut für den Platinpreis.
Ähnlich sei die Situation bei Palladium, das im Gegensatz zu Platin keine Verwendung in den Brennstoffzellen finde und bei einem Abschied vom Verbrennungsmotor langfristig den Automobilsektor als wichtigsten Nachfragebereich zu verlieren drohe.