Polizei durfte etwaigen Covid-Sünder in Handschellen abführen
Festnahme. Ein Wirt wollte sich die Amtshandlung nicht gefallen lassen. Die Exekutive habe sich korrekt verhalten, sagt der Verwaltungsgerichtshof.
Wien. Der Mann ist Barbesitzer. Und er habe trotz eines geltenden Lockdowns gerade Gäste mit Alkohol bewirtet, meinte die Polizei. Der Mann ist aber auch Tischler. Und er habe nur in dieser Eigenschaft gerade ein Verkaufsgespräch geführt, argumentierte der Unternehmer. Vor Gericht galt es nun zu klären, ob die Polizei den bei der Amtshandlung wenig kooperativen Mann zu Recht festgenommen hatte.
Der Fall spielte Anfang April in Zell am See. Die Gemeinde stand gerade unter Quarantäne. Die Bezirkshauptmannschaft ersuchte die Polizei, die Lokale zu überprüfen. Und ein Passant meldete, dass in einer konkreten Bar nicht alles mit rechten Dingen zugehen dürfte. Als zwei Polizisten am frühen Abend dort anrückten, standen im Raum tatsächlich drei Personen, darunter der Wirt und seine Lebensgefährtin. Der Babyelefant war nicht eingeladen, Abstandsregeln wurden laut dem Lokalaugenschein der Exekutive ignoriert.
Die Polizisten waren sich auch nicht sicher, ob der Wirt ihnen reinen Wein eingeschenkt oder sich mit dem Verweis auf seine Tischlerei nur eine Ausrede gezimmert hatte. Auch wer sich zuerst ausweisen sollte, wurde zum Streitpunkt. Der Mann erklärte, seinen Ausweis erst herzuzeigen, wenn ihm der Polizist seine Dienstnummer gesagt hat. Der Beamte wollte zuvor den Ausweis sehen.
Die Situation schaukelte sich hoch, die Polizisten riefen sich vier weitere Beamte herbei. Es kam zu kurzen Handgreiflichkeiten, die damit endeten, dass der Barbesitzer bzw. Tischler in Handschellen abgeführt und auf die Polizeiinspektion gebracht wurde. Dort durchsuchten die Beamten den Mann, fanden eine Geldbörse und darin einen Ausweis. Auch danach hielt man den tischlernden Gastronomen noch kurz in einer Zelle fest, weil er laut Polizei nicht kooperativ war. Eine knappe Stunde nachdem die Polizei ihn festgenommen hatte, war der Betroffene aber wieder ein freier Mann.
Doch die Polizei hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der Lokalbesitzer erhob gegen die Handlungen der Polizei eine Maßnahmenbeschwerde. Und das zunächst auch erfolgreich.
Reichte das Covid-Gesetz aus?
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg befand, dass das damals geltende Covid-19-Maßnahmengesetz keine Rechtsgrundlage für die Festnahme geboten habe. Eine solche sei erst nach diesem Vorfall in Kraft getreten. Zum damaligen Zeitpunkt aber habe die Bezirkshauptmannschaft die Polizei nur allgemein ersucht, Lokale zu überprüfen, doch nicht konkret dieses. Es habe damit an einer gesetzlichen Grundlage für die Polizei gefehlt, um den Barbesitzer festzunehmen.
Und selbst wenn es eine Rechtsgrundlage gegeben habe, sei die Festnahme unverhältnismäßig gewesen, meinte das Gericht. Denn die Polizisten hätten die Identität des Mannes auch anders feststellen können. Die Bar befinde sich auf dem Grundstück unmittelbar neben der Tischlerei. Auf der Fassade der Tischlerei stehe die dazugehörige Internetadresse. Und dort wiederum hätte man „mit wenigen Klicks“, so das Gericht, das Gesicht des Mannes gefunden. Und auch einen Hinweis auf die dazugehörige Bar.
Die Bezirkshauptmannschaft meinte, dass Polizisten nicht so genau das Internet studieren müssten, bevor sie tätig werden. Und so zog die Behörde noch vor den Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Dieser fand, dass im Internet eine Homepage anzuschauen nicht dieselbe Verlässlichkeit biete, wie einen Ausweis zu betrachten. Auch aus der Äußerung des Mannes, wonach er hier der „Chef“sei, habe man noch nicht klar ableiten können, dass er der Barbesitzer sei. Ein Polizist hatte diese Aussage so verstanden, dass der Mann nur sagen wollte, dass er der „Chef“dieser Amtshandlung sei.
Keine Kooperation: Festnahme
Der entscheidende Punkt aber ist laut dem VwGH (Ra 2020/03/ 0106), dass es sehr wohl eine Rechtsgrundlage für die Festnahme gegeben habe. Die Polizei habe mit gutem Grund davon ausgehen können, dass Covid-Regeln verletzt werden. Der auf frischer Tat betretene Mann aber habe sich geweigert, seine Identität anzugeben. Unter diesen Umständen sei die Festnahme bereits nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes gerechtfertigt gewesen.
Ob der Mann auch Strafe zahlen muss, steht auf einem anderen Blatt Papier. Denn die diesbezügliche Vorschrift hat der Verfassungsgerichtshof inzwischen gekippt.