Eine Vorlage für die Wachablöse
Analyse. Nach Sturm und Admira fügt WAC Salzburg mit dem 3:2 die dritte Saisonniederlage zu. Anstatt zu profitieren, leckt die Konkurrenz bloß weiter ihre Wunden.
Salzburg/Wien. Wenn Seriensieger Salzburg in der Bundesliga tatsächlich Schwächen zeigte, dann war es in dieser Herbstsaison. Freilich hatten die „Bullen“weiterhin Topspieler zur Auswahl, doch es fehlte ein Goalgetter wie es Erling Haland˚ war. Auch schien die Abwehr nicht mehr so sattelfest wie in den Jahren zuvor. Ramalho patzte noch mehr, vor allem wurde Torhüter Stankovic´ öfter bezwungen als gedacht.
Muss man der Doppelbelastung mit der Champions League jetzt Rechnung tragen? Ist das auf Offensive ausgelegte System durchschaut worden, weil Gegner nicht mehr nur mauern und auf den entscheidenden Konter warten, sondern mitunter selbst hoch gegen den Ball pressen?
In zwölf Runden kassierte Salzburg drei Niederlagen. Nach Sturm Graz (3:1) und Admira (1:0) legte am Sonntag der WAC (3:2) nach. Bedeuten solche Punkteverluste in Topligen zumeist eine Wachablöse, so könnte diese in Österreich abermals ausbleiben. Warum?
Träger der Winterkrone
Lask könnte nur profitieren, wenn die Mannschaft von Dominik Thalhammer den Rest der Saison (zur Meisterrunde wartet gar noch eine Punkteteilung) auf höchstem Niveau weiterspielt. Sturm Graz fehlt diese Konstanz noch trotz aktuellen Höhenfluges mit flottem Spiel. Und Rapid? Die Niederlage in Ried (3:4) und eine Blamage (0:3 gegen WSG Tirol) kosteten wichtige Punkte, Winterkrone und Selbstvertrauen. Ansonsten kommt kein Klub für das Husarenstück, Salzburg (seit 2014 immer Meister) vom Thron zu stoßen, infrage.
Ist es nicht bezeichnend, wenn man einen 1:0-Sieg gegen den Tabellenletzten, Admira, tatsächlich als Genugtuung interpretiert und nicht als Selbstverständlichkeit? Es ist ernüchternd, was in Hütteldorf zuletzt gezeigt worden ist. Über das Aus in der Europa League, dem 2:6 im Cup (gegen Salzburg) und fehlende Durchschlagskraft in der Liga könnte man streiten. Unbestritten ist dabei, dass SCR sogar eine passable Herbstsaison gespielt hat, ja. Aber: Es hätte mehr sein können, nein – sogar sein müssen. Das muss Trainer Dietmar Kühbauer wissen.
24 Punkte, so viele Zähler hatte Rapid zu diesem Zeitpunkt zuletzt 2009 zu Buche stehen. Eine bessere Ausbeute hatte man seit 2000 nur dreimal geschafft. 2003 war man mit 29 Zählern genauso Tabellenführer wie 2000 mit 25, 2004 bedeuteten 27 Zähler Zwischenrang zwei. Es bleibt Zeit bis zum Trainingsauftakt am 4. Jänner, über diese Ausgangslage nachzudenken. Kühbauer verteidigte sein Team, hält Rapid „für den besten Klub, bei dem man arbeiten kann“. Nur, was ist das wert, wenn man mit Saisonende abermals ohne Titel (Cup zuletzt 1995, Meister 2008) dasteht?
Die Entdeckung dieser zwölf Runden ist Stürmer Ercan Kara. Sechs Tore, drei davon per Kopf, erzielte der 24-Jährige, der von SV Horn geholt worden ist. Er hält Rapid im Rennen. Als Ärgernis hingegen entpuppt sich Taxi Fountas. Vier Tore genügen nicht, um Aussetzer des Managers („Er wird sowieso wechseln“) oder obskure Verkaufsstrategien zu dulden. Der Grieche ist außer Form, sorgt für Unruhe, vielleicht sollte sich Rapid selbst ein Weihnachtsgeschenk machen – mit einem Transfer.
Am 23. Jänner startet die Liga neu durch. Wer bis Ende Mai 2021 den längeren Atem haben wird? Vermutlich Salzburg. Sogar ohne Dominik Szoboszlai, auch ohne zu brillieren. Weil alle anderen immer wichtige Punkte liegen lassen.
Unser Ziel ist es, zu gewinnen – aber immer in der Tabelle vorne zu bleiben.
Jesse Marsch Salzburg-Trainer