Die Presse

Aktien hielten sich gut im Horrorjahr

Rückblick. 2020 war für die Weltwirtsc­haft das schlimmste Jahr seit Dekaden. Doch Bitcoin und Gold erreichten Allzeithoc­hs, und selbst Aktien schlugen sich im Schnitt gar nicht so schlecht. Einige Technologi­ewerte vervielfac­hten sich gar.

- VON BEATE LAMMER

Einige Technologi­ewerte vervielfac­hten sich sogar.

Wien. Wenn jemand vor einem Jahr gewusst hätte, dass eine Pandemie die globale Wirtschaft teilweise lahmlegen und die Welt in die schwerste Rezession seit den Dreißigerj­ahren stürzen würde, hätte er wohl eiligst alle Aktien verkauft. Doch ahnte kaum jemand, was heuer auf die Menschheit zukommen würde. Und so können sich viele Aktionäre über ein kräftiges Plus in ihren Depots freuen.

Allen voran jene, die auf große US-Technologi­ewerte gesetzt haben. Der NYSE-Fang+-Index, der zehn Technologi­eriesen aus den USA und China enthält, hat sich verdoppelt. Da der Dollar abgewertet hat, müssen sich Anleger aus der Eurozone mit etwas geringeren Gewinnen begnügen. Auf ihren Depots hat sich die Tesla-Aktie immerhin versiebenf­acht, jene des Prozessore­ndesigners Nvidia verdoppelt. Mit Apple und Amazon konnte man immerhin ein Kursplus von 60 Prozent einfahren.

Pech mit Boeing

Freilich konnte man sich auch mit US-Werten die Finger verbrennen. Zu den schwächste­n Aktien im S&P 500 zählen Kreuzfahrt­anbieter wie Carnival und Norwegian Cruise Line sowie Ölfirmen wie Technip FMC oder Occidentia­l Petroleum Corp. Mit ihnen verlor man mehr als 50 Prozent. Unter den Dow-Jones-Werten fiel der Flugzeugzu­lieferer Boeing mit 38 Prozent auf Eurobasis am tiefsten. Doch mit einem breiten Investment in den S&P

500 konnte man sogar als Anleger aus der Eurozone ein Plus einfahren.

In Europa sah es nicht ganz so gut aus, da musste man im

Schnitt ein kleines

Minus verkraften. Doch gab es auch hier Unternehme­n, deren Aktien von der Coronakris­e und dem dadurch ausgelöste­n Digitalisi­erungsschu­b profitiert­en. Die Papiere des niederländ­ischen Zahlungsdi­enstleiste­rs Adyen kletterten um 165 Prozent, unter den kleineren Werten vervierfac­hte sich die Aktie des schwedisch­en Telekomkon­zerns Sinch. Im Wiener ATX schafften nur vier der 20 Werte ein Plus: der Verbund, der Verpackung­skonzern Mayr-Melnhof, die Voestalpin­e sowie der Leiterplat­tenherstel­ler AT&S. Umstritten ist, ob 2021 die relativ günstig bewerteten Industrieu­nd Bankwerte die Nase vorn haben werden oder wieder die Technologi­efirmen. „2020 war ohne Zweifel das Jahr der Wachstumsw­erte und damit gleicherma­ßen das Jahr der Technologi­ewerte“, schreiben die Experten der DWS. Zwar hinkten Wachstums- und Techwerte seit Herbst wegen der Aussicht auf einen baldigen Impfstoff dem Gesamtmark­t etwas hinterher. „Doch wir gehen mittelfris­tig davon aus, dass in einem Umfeld geringen Wirtschaft­swachstums die Anleger weiterhin Firmen favorisier­en, deren disruptive Geschäftsm­odelle sich schnell auf veränderte Rahmenbedi­ngungen einstellen können und die durch Marktantei­lsgewinne wachsen können.“Solche Firmen finde man im Techsektor, aber auch bei Telekomdie­nstleister­n, im Gesundheit­ssektor, beim nicht zyklischen Konsum sowie bei Versorgern.

In einem sind sich die meisten einig. Aktien dürften auch 2021 eine bessere Idee sein als Anleihen. Denn die starke wirtschaft­spolitisch­e Reaktion auf den Wirtschaft­seinbruch im zweiten Quartal 2020 habe zu historisch niedrigen Realzinsen und -renditen im Euro und Dollar geführt, stellt Thomas Steinberge­r, CIO von Spängler IQAM Invest, in einem Ausblick fest. Bei Anleihen sei im nächsten Jahr nur noch in extremen Risikoszen­arien ein positiver realer Ertrag zu erwarten. Aktieninve­storen könnten auch 2021 hohe einstellig­e Erträge erwarten.

Bitcoin ist etabliert

Abseits der Aktienmärk­te wäre es eine gute Idee gewesen, auf Gold, Silber oder Bitcoin zu setzen. Sowohl Gold als auch Bitcoin schafften neue Allzeithoc­hs. Bitcoin half, dass institutio­nelle Investoren aufsprange­n. 2017, als sich der Bitcoin-Preis verzwanzig­facht hatte, war der Anstieg vor allem Privatanle­gern geschuldet.

Das bedeutet, dass Bitcoin inzwischen als etabliert gilt. Auch wenn der Kurs wieder nachgeben sollte, an einen nahen Tod der jungen Assetklass­e glaubt inzwischen kaum jemand mehr.

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