Handel verliert Milliarden an Umsatz
Lockdown. Der stationäre Einzelhandel hat heuer bereits Dutzende Schließtage hinter – und noch einige vor sich. Das Weihnachtsgeschäft drehte die angespannte Situation nicht.
Wien. Menschenmassen, die in Geschäften herumwuseln, Schlangen an den Kassen bilden und sich durch die Straßen schieben. Normalerweise sind die Einkaufsmeilen in den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester prall gefüllt. Große Teile der Bevölkerung befinden sich zu dieser Jahreszeit auf Urlaub und haben Zeit, Geschenke umzutauschen und Gutscheine einzulösen.
Daraus wird heuer allerdings nichts. Denn nur kurz nach dem zweiten Lockdown geht Österreich ab dem 26. Dezember in den nächsten und damit dritten harten Lockdown dieses Jahres. Die Geschäfte bleiben bis inklusive 17. Jänner zu. Offen halten dürfen nur, wie schon bisher, Supermärkte, Apotheken, Banken, Post und Co.
Für den heimischen Einzelhandel ist das bitter. Berechnungen des Instituts für Handel, Absatz und Marketing der Johannes Kepler Universität Linz (JKU), entgehen der Branche damit nun Umsätze in der Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Allein für den Zeitraum zwischen dem 27. und dem 31. Dezember würden sich die täglichen Umsatzverluste auf 140 Mio. Euro (brutto) belaufen. Im Jänner fehlen der Branche dann pro Tag noch einmal rund 100 Mio. Euro.
Der Handelsverband schätzt die Ausfälle gar auf drei Milliarden Euro. „Für unsere Branche ist der dritte harte Lockdown das Worst-Case-Szenario. Der Dezember ist der mit Abstand umsatzstärkste, wichtigste Monat des Geschäftsjahres“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Er bezeichnet 60.000 Arbeitsplätze als akut gefährdet.
Dass der letzte Einkaufssamstag in diesem Jahr solide über die Bühne ging, war den Händlern wohl nur ein schwacher Trost. Die Kundenfrequenz wie auch die Umsätze hätten im Vergleich zur Kalenderwoche davor leicht zugelegt, berichtete der Handelsverband am Wochenende. „Unsere Händler verzeichneten sowohl in den Einkaufsstraßen als auch in den Shoppingzentren gute Kundenfrequenzen. Wie erwartet war der heutige Samstag im Sechs-Tage-Vergleich am umsatzstärksten, jedoch etwas schwächer als im Vorjahr. Dank zahlreicher regionaler Weihnachtsshopper endete der Tag zumindest mit einem starken Finish“, so Will.
Weniger Umsätze in Einkaufszentren
Doch waren deutliche regionale Unterschiede im Kaufverhalten der Kunden zu bemerken. Während man in Oberösterreich, Niederösterreich, Burgenland und der Steiermark und da vor allem in den Bezirksstädten, „relativ gute Umsätze“verbuchen konnte, entwickelten sich Westösterreich, Kärnten und Wien schwächer – was auf fehlende Touristen zurückzuführen sei. Einkaufszentren wiederum litten unter der geschlossenen Gastronomie und der somit kürzeren Verweildauer der Kunden.
Eine Mitte Dezember publizierte Umsatzprognose von Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo für den Einzelhandel ging von einem Mehrumsatz im Weihnachtsgeschäft in der Höhe von 1,1 Mrd. Euro netto aus. Im Vorjahr waren es noch 1,22 Mrd. Euro. Das macht ein Minus von zehn Prozent. In einer ersten Prognose hatte der Handelsverband noch mit einem Rückgang von 20 Prozent gerechnet. Die geplanten Ausgaben für Weihnachtsgeschenke sollen sich heuer auf rund 420 Euro pro Kopf belaufen, nach 464 Euro im Jahr zuvor.
Der Umsatz im Einzelhandel dürfte in diesem Coronajahr um nominell 2,9 Prozent auf 74,5 Mrd. Euro schrumpfen. Real (nach Abzug der Inflation) macht das ein Minus von 4,2 Prozent. „Insgesamt rechnen wir für 2020 mit einem Rückgang der privaten Haushaltsausgaben für Dienstleistungen, Konsumgüter und sonstige Investitionen von mindestens 16,5 Mrd. Euro“, sagt Will.
Handel will längeren Umsatzersatz
Die Branche pocht nun darauf, dass der mit Jahresende auslaufende Umsatzersatz verlängert wird. Auch will man den Deckel von 800.000 Euro zu Fall bringen, da viele Betriebe damit nur einen Bruchteil ihrer Verluste ausgleichen könnten. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hatte am Samstag bekräftigt, dass es ab 2021 nur noch den Fixkostenzuschuss und den Verlustausgleich geben wird. Die Begrenzung von drei Mio. Euro für den Verlustersatz hält der Handelsverband für zu niedrig. Wobei man die Entschädigung für indirekt betroffene Betriebe begrüßt.