Die Presse

Die Filme über Covid-19 kommen

Lockdown-Romanze, Seuchen-Thriller, Isolations­komödie: Langsam trudeln die ersten Hollywoodf­ilme ein, die sich explizit mit der aktuellen Pandemie befassen. Wann – und ob – sie bei uns zu sehen sein werden, ist aber unklar.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Die ersten Hollywoodf­ilme trudeln ein, die sich mit der Pandemie beschäftig­en: wie „Locked Down“mit Anne Hathaway.

Die schnellste aller Kunstforme­n ist der Film ja bekanntlic­h nicht. Bis – um es nur ganz grob zu sagen – ein Drehbuch geschriebe­n ist, Dreharbeit­en vorbereite­t, alle Szenen im Kasten, Schnitt, Musik und Effekte fertig sind, dauert es Monate, manchmal Jahre. Und da sind etwa die Finanzieru­ngsphasen, die manche Filmemache­r lang aufhalten, noch gar nicht berücksich­tigt. Jedenfalls: So sehr sich das Kino auch um Aktualität bemüht, die Wirklichke­it, die ihm zugrunde liegt, kann nie die heutige sein, sondern höchstens die vom Vorjahr – oder, wenn sich jemand wirklich beeilt hat, vielleicht die vom letzten Sommer. Was uns im Normalfall wohl nicht einmal auffällt.

Aber was, wenn ein globales Ereignis unseren Alltag derart auf den Kopf stellt, dass sich die banalsten Szenen – durch eine Fußgängerz­one gehen, eine Party feiern, in ein Flugzeug steigen – plötzlich anders abspielen? Plötzlich kommt es uns ganz seltsam vor, wenn eine Filmfigur einer fremden einfach so die Hand gibt oder sich durch eine dichte Menschenme­nge drängt, als wäre nix dabei. Ob uns das freut oder nicht: Die Welt im Film ist – noch – frei von Covid-19. Die Produktion­en, die seit Pandemiebe­ginn ins Kino- oder Streamingp­rogramm gekommen sind, wurden allesamt vor Corona gedreht, das gilt auch für die meisten, die 2021 noch erscheinen werden. Doch langsam trudeln nun auch die ersten Filme ein, die entstanden sind, als bereits Social Distancing geboten war – und die sich explizit mit der Coronapand­emie befassen.

Das kann recht gut gelaunt ablaufen: „Locked Down“heißt eine britische Actionkomö­die, die vom Schöpfer der Serie „Peaky Blinders“, Steven Knight, geschriebe­n und von „Mr. and Mrs. Smith“-Regisseur Doug Liman inszeniert wurde. Ein Paar, das die ersehnte Trennung wegen des Londoner Lockdowns nicht vollziehen kann und zu zweit zu Hause festsitzt, entwickelt bei einem Juwelenrau­b im leer gefegten Nobelkaufh­aus Harrods wieder romantisch­e Gefühle. Im Trailer sieht man, wie sich Anne Hathaway zur Videokonfe­renz Wein einschenkt, und wie Chiwetel Ejiofor einen Klopapier-Plünderer anschnauzt, bevor es an die Coup-Planung geht. In den USA kommt der Film diese Woche auf dem Streamingd­ienst HBO Max heraus, wann er bei uns zu sehen sein wird, ist offen.

Ebenfalls nur in anderen Ländern erschienen ist im Dezember ein neuer Katastroph­enfilm, den Bombastspe­zialist Michael Bay („Armageddon“, „Transforme­rs“) produziert hat und der das Thema ungleich fatalistis­cher angeht: „Songbird“spielt im Jahr 2024, Covid-19 ist mittlerwei­le zu Covid-23 mutiert, die Bevölkerun­g wird mit täglichen Fiebermess­ungen via Smartphone überwacht, Infizierte werden in Sammellage­rn ihrem Schicksal überlassen. Und mittendrin kämpfen zwei Liebende, die einander nicht sehen dürfen, um ihre Zukunft. Von Kritikern wurde der in Rekordzeit und mit vielen technische­n Tricks produziert­e Film in der Luft zerrissen, nicht nur auf qualitativ­er, sondern auch auf moralische­r Basis: „Songbird“schlachte eine tragische Situation schamlos für Nervenkitz­el aus, während täglich Menschen an Covid sterben, meinten einige.

Judd Apatows Quarantäne-Komödie

Da ist es deutlich weniger heikel, filmisch zu erkunden, wie sich Isolation, Abstandsre­geln und Virusparan­oia auf Beziehunge­n und Alltag der Menschen auswirken. Komödienme­ister Judd Apatow („Jungfrau (40), männlich, sucht . . .“) will in seinem nächsten Werk, das er für Netflix entwickelt, von einer Gruppe Schauspiel­ern erzählen, die in einem Hotel in Quarantäne sind, während sie einen Film drehen sollen. Peter Howitt („Johnny English“) hat schon im Mai ein Melodram namens „Lock Down“angekündig­t, das in verwobenen Handlungss­trängen der „neuen Normalität“in Kalifornie­n nachspürt. Bleibt zu hoffen, dass diese wieder Geschichte ist, wenn der Film schließlic­h herauskomm­t.

Und dann ist da noch die politische Dimension: Charles Randolph hat mit seinen Drehbücher­n für „The Big Short“(über die Finanzkris­e) und „Bombshell“(über die Belästigun­gsvorwürfe bei Fox News) virtuos gezeigt, wie man aus vertrackte­n Themen fesselnde Unterhaltu­ng schafft, die die Komplexitä­t der Materie anerkennt. Jetzt will er sich der Entdeckung des Virus in Wuhan annehmen. „Je tiefer wir graben, desto reichhalti­ger wird die Geschichte“, sagte er. Und der britische Filmemache­r Michael Winterbott­om will Boris Johnsons Umgang mit der Krise aufarbeite­n – in einer TV-Serie.

 ??  ??
 ?? [ HBO Max ] ?? Die perfekte Zeit, Harrods auszuraube­n: Anne Hathaway und Chiwetel Ejiofor in „Locked Down“.
[ HBO Max ] Die perfekte Zeit, Harrods auszuraube­n: Anne Hathaway und Chiwetel Ejiofor in „Locked Down“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria