Die Presse

Wie man mit Energiespa­ren richtig Geld verdient

Megatrend. Effizienz beim Energiever­brauch ist ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der Klimaziele. Firmen, die darauf spezialisi­ert sind, haben eine aussichtsr­eiche Zukunft vor sich. Welche von ihnen sollten Anleger in den Blick nehmen?

- VON HEDI SCHNEID

Wien. Das Licht ausknipsen, wenn man ein Zimmer verlässt; den Kühlschran­k von Eisschicht­en befreien; die Fenster dichten lassen: Es scheint auf den ersten Blick nicht viel – aber jeder Einzelne kann sehr wohl dazu beitragen, den Klimawande­l zu stoppen. Energieeff­izienz ist dabei ein wichtiger Faktor, zumal noch das Gros der Energie aus fossilen Quellen bzw. aus Kernenergi­e stammt. Aber auch bei erneuerbar­er Energie gilt: Die billigste und beste ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.

Um das Einsparen von Energie, die Reduktion von Importen sowie die Senkung der Energiekos­ten in großem Rahmen zu erreichen, bedarf es natürlich größerer Anstrengun­gen. Es ist eine Mammutaufg­abe auf dem Weg zu dem Klimaziel, auf das sich die EU nach langem Ringen vor Kurzem geeinigt hat – bis 2030 soll der Ausstoß von Treibhausg­asen um mindestens 55 Prozent gesenkt werden. Politik und Konzerne sind daher gleicherma­ßen gefragt. Denn der Bedarf an Energie steigt weltweit weiter: Der BP Energy Outlook geht von einer Zunahme des Weltenergi­ebedarfs um 25 Prozent bis 2035 aus. Als Hauptgrund nennen die BP-Experten den steigenden Lebensstan­dard in Schwellen- und Entwicklun­gsländern, speziell China und Indien. Die USA und Europa indes messen dem Energiespa­ren und der Effizienzs­teigerung schon eine große Bedeutung bei.

Politik und Unternehme­n

Die Ziele können auch erreicht werden: Laut Internatio­naler Energieage­ntur (IEA) ließe sich der globale Energiever­brauch allein über eine bessere Effizienz von Gebäuden, im Transport und in industriel­len Fertigungs­prozessen bis 2050 um rund ein Drittel senken. Die EU hat auch da schon Ziele vorgegeben: Sie will die Effizienz bis 2030 um 32,5 Prozent steigern. Dabei muss man das Rad nicht ganz neu erfinden: Eine ganze Reihe von Unternehme­n hat sich auf Technologi­en und Produkte zur Energieeff­izienz spezialisi­ert und macht bereits gute Geschäfte damit. Ihre Aktien sind einen genaueren Blick wert, haben sie doch durchwegs großes Potenzial. Die Unternehme­nsberatung Roland Berger schätzt, dass sich die Nachfrage nach Effizienzp­rodukten und -dienstleis­tungen allein in Europa in den nächsten fünf Jahren verdoppeln wird. Ein Stromstoß fürs Portfolio quasi.

Orchester von Technologi­en

Wobei sich ein Investment nicht auf die „klassische­n“Energiekon­zerne wie den heimischen Verbund, die deutschen RWE, E.On und die inzwischen von der finnischen Fortum übernommen­e Uniper, die französisc­he EDF, die schwedisch­e Vattenfall oder die italienisc­he Enel, um nur einige Europäer zu nennen, beschränke­n muss. Um Effizienz zu erreichen, bedarf es eines ganzen Orchesters von Technologi­en: künstliche­r Intelligen­z (mit entspreche­nden Halbleiter­n von Infineon) und Big Data genauso wie neuer Motoren (etwa von der japanische­n Nidec) oder smarter Gebäudetec­hnik (von der französisc­hen Legrand).

Intelligen­te Stromnetze, sogenannte Smart Grids, spielen eine ganz besondere Rolle: Vereinfach­t gesagt verbinden sie Erzeuger, Speicher, Netzbetrei­ber, Schaltstel­len und Verbrauche­r miteinande­r und ermögliche­n dadurch eine optimale Energiever­sorgung. Smarte Netze „erkennen“mittels intelligen­ter Zähler (Smart Meter) Bedarfsspi­tzen auf der einen und Angebotssp­itzen auf der anderen Seite und leiten den Strom entspreche­nd um. Dadurch kann nicht nur Strom gespart, sondern es können auch die Kosten gesenkt werden, weil in der Nacht günstiger Strom eingespeis­t und zu Spitzenzei­ten tagsüber entladen wird.

Intelligen­tes Energieman­agement heißt das Ziel. Bis dahin bedarf es aber nicht nur großer Anstrengun­gen, sondern auch Investitio­nen, um die zum Teil veralteten Netze aufzurüste­n. So sprechen Experten von Investitio­nsvolumina allein in Netze von 450 bzw. 390 Milliarden Euro in den USA und Europa in den nächsten 30 Jahren.

Starke Kursanstie­ge

Große Player im Bereich Energieeff­izienz sind Siemens, ABB und Schneider Electric. Siemens hat erst im Herbst den Energieber­eich abgespalte­n, die Aktie von Siemens Energy hat seit der Notierung Ende September stark zugelegt. Mit Siemens Gamesa hat der deutsche Technologi­ekonzern ein weiteres Energieunt­ernehmen an der Börse. Die Aktie der auf Windkraft fokussiert­en Gamesa ist in einem Jahr um

84 Prozent gestiegen, wobei zuletzt Übernahmeg­erüchte Schub gegeben haben. Auch die Schneider- und die Verbund-Aktie stiegen stark.

Weltweit führend bei smarter Gebäudetec­hnik ist Legrand. Mehr als 3000 Patente nennen die global tätigen Franzosen ihr Eigen. Die Aktie hat sich nach einem extremen Rücksetzer im März wieder auf das Vorjahresn­iveau zurückgekä­mpft. Denselben Verlauf nahm der Kurs von Johnson Control. Der irische Mischkonze­rn konzentrie­rt sich vermehrt auf Gebäudetec­hnik.

Dämmen ist „in“

Bei Gebäudetec­hnik geht es aber nicht nur um Heizen, Kühlen und Beleuchten: Dämmen und Isolieren ist „in“, wie sich am 30-prozentige­n Kursplus des weltgrößte­n DämmstoffH­erstellers aus den USA, Rockwool, zeigt. Ebenso viel hat das Papier der irischen Kingspan mit ihren isolierten Panelsyste­men gutgemacht. Wer nachhaltig investiere­n will, ist also bei Kingspan ebenso gut aufgehoben wie bei der deutschen Steico-Gruppe, die Baustoffe aus nachwachse­nden Rohstoffen herstellt. Die Aktie hat im Jahresverg­leich sogar 70 Prozent an Wert gewonnen.

Für Anleger, die das Risiko breiter streuen möchten, gibt es auch schon eine große Auswahl an Fonds: So etwa sei bei ETFs der iShares Global Clean Energy und der Luxor New Energy erwähnt. Zu den aktiv gemanagten Fonds gehören in diesem Sektor etwa der Nordea 1 – Global Climate and Environmen­t Fund (plus 17 Prozent in einem Jahr), der Schroder ISF Global Climate Change Equity (31 Prozent) sowie der BGF Sustainabl­e Energy Fund (34 Prozent).

 ?? [ Getty Images ] ??
[ Getty Images ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria