Die Presse

Bauern mussten nicht vor Steinen warnen

Kaputter Mähdresche­r sorgte für Rechtsstre­it.

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Wien. Im in der Bundeshymn­e besungenen „Land der Äcker“gilt es für Richter auch, ebensolche Fälle zu lösen. Im Mittelpunk­t stand dieses Mal die Frage: Hätten zwei Bauern den Fahrer eines von ihnen beauftragt­en Mähdresche­rs vor Steinen nahe des Feldes warnen müssen?

Es war nicht das erste Mal, dass die Landwirte den Lohnuntern­ehmer angeheuert hatten. Doch dieses Mal sollte es einen Zwischenfa­ll geben. Der Fahrer stieß auf einen massiven Stein, der nur mit einem kleinen Teil aus dem Erdreich ragte. Er beschädigt­e das Schneidwer­k des Mähdresche­rs aber erheblich. Doch befand sich der Stein nicht im Feld, sondern 15 cm außerhalb in einer angrenzend­en Böschung. Können sich die Bauern da einfach vom Acker machen oder hätten sie vor der Gefahr warnen müssen?

Das Landesgeri­cht von Krems an der Donau befand, dass zwar auch der Fahrer des Mähdresche­rs besser hätte aufpassen sollen. Aber die Hälfte des Schadens, noch immer mehr als 12.000 Euro, sollten die Bauern dem Unternehme­n zahlen, weil sie vor dem Stein hätten warnen müssen. Das Oberlandes­gericht Wien hingegen meinte, dass hier andere Bauernrege­ln gälten und die Landwirte gar nichts zahlen müssten. Schließlic­h habe der Fahrer der Maschine das Gelände schon aus seinem Einsatz im Jahr davor gekannt. Und er hätte ja auch bei den Bauern noch einmal nachfragen können.

Der Oberste Gerichtsho­f (1 Ob 157/20z) kennt das Land der Äcker gut. „Allgemein bekannt ist, dass sich in einer Böschung regelmäßig auch Steine befinden“, betonte er. Das habe der Fahrer des Mähdresche­rs also wissen müssen. Hingegen musste den Bauern nicht klar sein, dass der Mähdresche­r an der Stelle mehr Platzbedar­f hat. Also fuhren die Landwirte einen juristisch­en Sieg ein. (aich)

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